Croissants statt Eiersalat: Ein Blick zurück durch die Rauchschwaden der Theaterklause

Mit Leckereien und einem frischen Wein in den Feierabend: Ab jetzt wohl öfter in der neu eröffneten Theaterklause in Potsdam-West | Foto: ro

Sie scheinen nur auf die Eröffnung gewartet zu haben: die Kiezbewohner von Potsdam-West. Wo findet man auch sonst Freiluftplätze in der Nachmittagssonne – noch dazu bei hausgebackenen Kuchen oder Potsdamer Stangeneis mit Blick auf die rutschenden und kletternden Kinder. Die Theaterklause in der Zimmerstraße – vis-à-vis vom Spielplatz – ist im Handumdrehen wieder zum Treffpunkt geworden.

Für mich ist es ein ganz besonderer Ort: drei Jahre lang holte ich mir hier fast täglich die beliebten Eiersalatbrötchen. Meist trug ich sie durch die rauchgeschwängerte Luft schnell nach oben an meinen Schreibtisch, in die Dramaturgie. Dort fühlte ich mich im Kreise meiner Kolleginnen sicherer. Denn die Schauspieler und Sänger, die selbstbewusst in der holzgetäfelten Kantine fläzten, schienen Lichtjahre von meinem kleinen Horizont entfernt. Sie zerrissen verbal den neuen Gastregisseur, fielen über die jüngste Zeitungskritik her, die nur ein Dummkopf verfasst haben konnte, sagten der engstirnigen Betonpolitik lautstark den Kampf an. Und jeder gab jedem links und rechts ein Küsschen auf die Wange. Auch das kannte ich nicht.  Eben eine eingeschworene Truppe, die denen da „oben“  in der Dramaturgie und Intendanz die kühle Schulter zeigte. Von den inneren Querelen, ausgelöst durch Eifersucht auf die bessere Rolle des anderen oder die bessere Kritik, wusste ich da noch wenig.

Ich stolperte durch die laut wabernden Gespräche, sah aus dem Augenwinkel auf die noch ungeschminkten, aber doch so berühmten Gesichter – und hätte nur allzu gerne dazu gehört. Die Distanz bröckelte mit der Zeit und der Wende. Alle rückten enger zusammen, organisierten nach den Todesschüssen auf Studenten in China Trommelabende für den Frieden in der Erlöserkirche, und waren entsetzt, als tatsächlich mit „Der Revisor oder die Katze aus dem Sack“ ein Stück vom Spielplan genommen werden musste. Der Brief vom damaligen Oberbürgermeister Manfred Bille an den Schauspieler Michael Walke machte die Runde in der Theaterklause und alle zusammen lachten wir bitter, dass dieser Stadtfürst tatsächlich den Schauspieler persönlich angriff, obwohl Michael Walke doch nur die Rolle des Bürgermeisters in der Komödie inne hatte.

Jahre später, als das Theater in der Zimmerstraße längst geschlossen war, kehrte ich in die Klause zurück: diesmal tanzend im Salon, die ersten Tangoschritte versuchend. Der Geruch vom einstigen Kantinenmittagessen flog  in meine Nase.

Jetzt gibt hier Lena Mauer den Takt an. Die 37-jährige sympathische Potsdamerin gab das „fabrik“-Café auf und leitet nun mit ihrer Firma à la maison neben dem Café Midi im Treffpunkt Freizeit und dem Café im Josefs-Krankenhaus seit Anfang Mai die Theaterklause.

Statt Eierbrötchen gibt es Croissants, Tapas und Quiche. Alles ist licht und hell, der alte Theaterstaub wurde kräftig weggefegt. Nur die Wände des Tresens erinnern noch an das einstige Innenleben: Sie sind aus den alten Flügeltüren zum Salon gebaut, die schon auf dem Sperrmüll lagen.

Für mich kriechen trotz des modernen schlichten Schicks noch aus allen Ecken die alten Erinnerungen hoch. Und ich sehe sie alle vor mir: die Kuchenbuchs, Jörg Schüttauf, Ekke Becker, Eva Weißenborn … die damals großen Stars von Potsdam. Und ich in ihrem Schatten dabei!   he

Wo? Theaterklause Potsdam / Zimmerstr. 10-11 (altes Hans-Otto-Theater)

Was? Es gibt täglich frisch belegte Brote, leckere Tapas, Antipasti, Quiche und zum Mittag ein vegetarisches und ein Fleischgericht sowie eine Suppe. Die Gerichte sind kreativ und mit Inspiration aus aller Welt zusammengestellt – sehr zu empfehlen! Dazu gibt es eine gute Auswahl an Weinen. An einigen Wochenenden wird auch Brunch angeboten.

Wann? Geöffnet ist 8 bis 18 Uhr bzw. am Wochenende 10 bis 20 Uhr. Die passenden Öffnungszeiten werden jedoch noch ermittelt und möglicherweise noch angepasst. Also am besten vorher anrufen.

Kontakt? Tel. 0331 64730174. Die Mittagsgerichte und das gelegentliche Brunchangebot sind bisher nur bei Facebook einsehbar (auch ohne Anmeldung):
https://de-de.facebook.com/theaterklausepotsdam/ – eine eigenständige Internetseite ist derzeit noch im Aufbau.

 

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