Nichts wie noch hin: zur „ImEx“

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Max Pechsteins „Sitzendes Mädchen“ von 1910 – ein Expressionist
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Berthe Morisots „Der Spiegel“ von 1876 – ein Impressionist

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die halbe Wartesstunde vergeht wie im Fluge. Brautleute lassen sich auf den Treppen der Alten Nationalgalerie fotografieren, Kinder spielen am Brunnen Hopse. Ich schaue auf die meterlang herabfallenden Werbebanner mit Max Pechsteins “Sitzendes Mädchen“ und auf das zart hingetupfte Frauenbildnis, das die Impressionisten vertritt … Ja, aber von wem ist das eigentlich?

Der Rundgang durch diese großartige, mitreißende Ausstellung klärt auf: Von Berthe Morisot, der ersten Frau aus der Gruppe der französischen Impressionisten. In dieser exklusiven Schau „ImEx“, die leider schon in zwei Wochen zu Ende geht, treffen sich die Expressionisten und Impressionisten auf wunderbar versöhnliche Weise: die ganz Großen und auch die aus der zweiten Reihe, die zu Recht nach vorne aufrücken.

Es ist zwar etwas beschwerlich, sich seinen eigenen Gedankenweg zu bahnen zwischen dem Gedränge und den zahlreichen Führungen, die es an diesem Dienstagnachmittag gibt. Dennoch ergreift mich ein Glücksgefühl, dieser Starparade salutieren zu dürfen; diesen Renoirs, Cezannes, Noldes, Kirchners, Schmidt-Rotluffs oder Mackes. Egal, ob „Im“ oder „Ex“. Hier sind sie alle vereint. Die einstigen Kampfhähne hängen friedlich nebeneinander und zeigen durchaus Gemeinsames. Die klug eingefädelte Gegenüberstellung legt offen, wie stark Parallelen und Einflüsse waren, um kraftvoll expressiv oder im sanften Pastell innere Zustände zu spiegeln – gegen die akademischen Altvorderen. Hier geht es um Licht, Farbe, Gefühl, wird das Innere nach außen gekehrt. Wir erfreuen uns an Badende, die ihre Körper nicht schamhaft verhüllen, treten ein ins Vergnügen am Montmartre oder am Potsdamer Platz. Und wir werden auch Zeuge handfester Skandale, die uns heute nur noch milde lächeln lassen. Wie bei Manets „Im Wintergarten“, das eine Frau im eng anliegenden Kleid auf einer Holzbank zeigt, mit geröteten Wangen, und einem bärtige Mann, der sich zu ihr herunter beugt. Die verschämten Blicke, die nackte Frauenhand und die schwüle Pflanzenpracht im Hintergrund waren vor 120 Jahren ein Affront gegen die Sittlichkeit. So viel sexuelle Spannung auf einem Bild oh, nein! Heute reiht es sich in den 160 Werken der Ausstellung nahtlos schön ein – und keiner kommt im Entferntesten darauf, dass diese intime, aber doch sehr brave Begegnung selbst im Preußischen Landtag für Furore sorgte.

Ich kann mich vor allem von Toulouse-Lautrecs „Clown“ kaum losreißen, so unendlich traurig wie er ist. Und auch nicht von Pissaros Montmarte-Bilder im Lichterrausch der Nacht und in der Klarheit des Wintertags. Als sich nach dem ersten Gong die Räume langsam leeren, möchte ich am liebsten tanzen in diesem Farben- und Formenmeer, das sanft über die Gräben der einstigen Gegner hinwegspült. (he)

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Edouard Manets „Im Wintergarten“ sorgte für einen Skandal

Die Ausstellung „ImEx“ in der Alten Nationalgalerie Berlin ist noch bis 20. September zu sehen. Es wird empfohlen, am Donnerstag, Freitag oder Samstag nach 18 Uhr zu kommen. Dann ist bis 20 Uhr geöffnet und die Wartezeit geringer. Hoffentlich gilt das auch für den Endspurt dieser Meisterwerke-Schau. Der Eintritt kostet 12 Euro.

Weiteres unter www.smb.museum und www.imexinberlin.de

2 Kommentare

    1. Berthe war natürlich eine Impressionistin, wie es ja auch im Text steht. Die Bildunterschrift bezieht sich auf das Werk. Offensichtlich ist das nicht ganz klar geworden.

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