Berlinale-Nachspiel: Die Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ im Filmmuseum Potsdam

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Guanajuato setzt der Farbigkeit Mexikos die Krone auf. Dort spielt der Film „Kreis mit vier Ecken“, der am Donnerstag im Filmmuseum läuft.

Es ist der 16. März 2008, Palmsonntag. Wir erleben den Einmarsch von Jesus auf dem Esel – wie damals in Jerusalem. Palmenblätter drappieren seinen Weg: von den dicht gedrängten Einwohnern der Stadt zu wahren Kunstwerken gesteckt. Am Abend erklimmen wir den Hügel, um beim Sonnenuntergang den Blick auf das zauberhafte Kolonialstädtchen zu genießen. Schweiß tropft uns von der Stirn. Doch der Blick auf die Stadt entschädigt für die Anstrengung. Guanajuato zieht uns in seinen Bann  – so wie es die Backpacker versprachen, mit denen wir zuvor Erfahrungen austauschten. Die Architektur, die engen Gässchen, aber vor allem die bunten Fassaden, die wie ein bunter Flickenteppich die Hänge überziehen, haben sich festgesetzt und tauchen als Bilder sofort wieder auf, wenn ich den Namen der Stadt lese. So wie nun im Programm des Filmmuseums. Da hüpft das Herz höher. Der Kurzfilm „Kreis mit vier Ecken“ ist Teil des Berlinale Spotlight, das bis zum 26. Februar im Filmmuseum stattfindet, und entführt in die Straßen eben dieser mexikanischen Stadt.

Während zwei Jungen durch das farbenfrohe Guanajuato laufen, setzen sich in Belgrad Frauen unterschiedlichen Alters mit dem Sterben und den Farben des Lebens auseinander. Über diese verknüpften Erzählstränge schwebt der Geist der großen mexikanischen Malerin Frida Kahlo, deren Mann und bekannter Maler Diego Rivera übrigens in Guanajuato geboren wurde und in dessen Geburtshaus heute die Anfänge seiner Malerei abzulesen sind: ganz im Einfluss von Picasso und Matisse. Von Riveras späterer Agit-Prop-Ausrichtung noch keine Spur.

Seit mehr als zehn Jahren spielt das Filmmuseum Potsdam die immer wieder spannende Filmauswahl der Berlinale-Sektion Perspektive Deutsches Kino nach und lädt die Filmemacher zum Gespräch ein, seit 2015 unter dem Titel Berlinale Spotlight. (so)

 

Berlinale Spotlight: Perspektive Deutsches Kino im Filmmuseum Potsdam

vom 22. bis 26. Februar

DI, 23. Februar, 17:00 Uhr
Pallasseum – Unsichtbare Stadt R: Manuel Inacker, D 2015, Dok., 25′
A Quiet Place R: Ronny Dörfler, D: Madalina Craiu, Serban Pavlu, Oana Rusu, D/Rumänien 2015, OmU, 24′
2000 Organismen in 517 Wohnzellen formen ein Korallenriff aus Beton und Stahl. Der Dokumentarfilm »Pallasseum« ist das Porträt einer unsichtbaren Stadt.
In »A Quiet Place« kehrt Cristina, eine junge Frau mit bewegter Vergangenheit, nach Jahren zu ihrer Familie zurück. Alles andere als herzlich empfangen, wird sie zudem Zeugin des Konflikts zwischen ihrer jüngeren Schwester Marina und dem übermächtigen Vater. Cristina kann nicht tatenlos zusehen und fordert den Vater mit ungewohnter Stärke heraus.

MI, 24. Februar, 18:30 Uhr

Toro R: Martin Hawie; D: Paul Wollin, Miguel Dagger, Leni Speidel, D 2015, 83′
Der reizbare Toro und der sensible Victor verdienen ihr Geld in der Prostitution. Während Toro eisern für eine gemeinsame Zukunft in seiner Heimat Polen spart, zerbricht Victor zunehmend an seinem Drogenkonsum. In schwarz-weißen Bildern erzählt Toro diese Geschichte zweier Freunde, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

MI, 24. Februar, 20:30 Uhr

Die Prüfung R: Till Harms, D 2016, Dok., 94′
687 Bewerber, 10 Plätze, 9 Dozenten in 10 Tagen. Die jährliche Aufnahmeprüfung an der staatlichen Schauspielschule Hannover ist nicht nur eine Herausforderung für die Bewerber, sondern auch eine Belastungsprobe für das Kollegium. Nah an den Dozenten und Professoren richtet der Film den Fokus auf die unbekannte Seite – die der Prüfungskommission.

Do, 25. Februar, 18:30 Uhr

Meteorstraße R: Aline Fischer, D: Hussein Eliraqui, Oktay Özdemir, Bodo Goldbeck, D 2016, 86′

Mohammed, 18, lebt mit seinem exzentrischen und draufgängerischen Bruder Lakhdar, 27, in der heruntergekommenen, ehemaligen Wohnung der Eltern am Tegeler Flughafen in Berlin. Der junge Palästinenser, der eine Leidenschaft für Motorräder hat, sucht nach Orientierung in einer Welt von Männern. Zwischen dem Wahnsinn seines possessiven Bruders Lakhdar und der prekären Arbeit in der Motorradwerkstatt wird Mohammed zunehmend haltlos, entfremdet sich von seiner Umgebung – und trifft einen radikalen Entschluss.

Do, 25. Februar, 20:30 Uhr
Valentina R: Maximilian Feldmann, D/Mazedonien 2016, Dok., OmU, 51′
Kreis mit vier Ecken R: Katarina Stanković; D: Dobrila Stojnić, Marta Bjelica, Francisco Márquez González, D/Mexico/Serbien 2015, OmU, 24′
»Valentina« porträtiert eine Armensiedlung im Roma-Viertel. Die 10-jährige Valentina lädt uns zu ihrer Familie ein. Skurrile Anekdoten, Tagträume und dokumentarische Beobachtungen. Ein Film, so lebensprall wie seine streunende Heldin.
In »Kreis mit vier Ecken« wandert ein junger Mann, begleitet von seinem Freund, durch Guanajuato. Die Stadt, sein Zuhause, steckt für ihn voller Glück und Erinnerungen. Im Tausende Kilometer entfernten Serbien laufen die Geschichten von vier Frauen zusammen. Der Geist der großen mexikanischen Malerin Frida Kahlo schwebt über den assoziativen Erzählsträngen.

FR, 26. Februar, 18:00
Wer ist Oda Jaune? R: Kamilla Pfeffer, D 2016, Dok., 75′
Zwei Jahre dauerte es, bis die Regisseurin Kamilla Pfeffer die faszinierende Malerin für den Film gewinnen konnte. Entstanden ist ein nahes, zunehmend intimes Porträt.

FR, 26. Februar, 20:00
Lotte R: Julius Schultheiß, D: Karin Hanczewski, Zita Aretz, Paul Matzke, D 2015, 76′
Lotte führt ein bewegtes Leben in Berlin. In ihrer Stammkneipe trifft sie eines Nachts auf einen fast vergessenen Bekannten. Am nächsten Tag bringt sie einem Mädchen einen verlorenen Schlüsselanhänger ins Krankenhaus. Das Mädchen behauptet, ihre Tochter zu sein. Als die beiden zusammen ziehen, sind die Probleme aufgrund von Lottes Lebenswandel vorprogrammiert. Eine Wette soll ihr helfen, mit Ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen.

FR, 26. Februar, 22:00
Agonie R: David Clay Diaz, D: Samuel Schneider, Alexander Srtschin, Alexandra Schmidt, D/Ö 2015, 93′
Am 29. November tötet ein junger Mann seine Liebhaberin und zerstückelt die Leiche. Über das Motiv herrscht völlige Unklarheit.

 

Filmmuseum Potsdam, Breite Str. 1a/ Marstall, 14467 Potsdam
Kartenreservierung: 0331-27181-12, ticket@filmmuseum-potsdam.de

 

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