Dieser Gestiefelte Kater nimmt große Schritte. Er durchquert so ziemlich alle Niederungen, in die wir fallen können und die uns mitunter zermürben. Dieses Märchenspiel von Thomas Freyer als Adaption der Grimmschen Märchen wird zur Persiflage auf die wilde Jagd der Arbeitgeber auf die Kraft ihrer Angestellten. Immer mehr haben sie zu buckeln – bis sie schließlich erschöpft zusammen brechen. Ja, hier geht es um Burnout und Depression und doch kratzt diese Problemwelt der Erwachsenen nicht an dem märchenhaften Zauber, mit der diese Inszenierung von Kerstin Kusch die Bühne überzieht. Sie ist spritzig und witzig und vor allem sehr musikalisch.
Meinem sechsjährigen Enkel gefiel besonders dieser ausgebuffte Kater, der seinem Herrchen Hans zu ungeahntem Liebesglück mit einer Prinzessin verhilft. Dieses jammernde Herrchen ist ein Müllersbursche, dem gerade der Vater weggestorben ist. Nun sitzt er da – ohne Erbe. Seine beiden Brüder erhielten die Mühle und das Grundstück. Ja und er ging leer aus, muss sich allein mit seinem Kater begnügen. So ungerecht ist die Welt! Doch was hilft alles Klagen: Ärmel hochgekrempelt oder wie sein Kater es ihm zeigt: Stiefel an und das Glück gesucht!
Das findet sich beim König im Schloss, denn dort fehlt es akut an Rebhühnern: dem Leibgericht des Königs. Dieses rare Federvieh lässt sich gut in Gold ummünzen. Also stiefelt Kater los und jagt, was das Zeug hält. Der König jagt derweil seinen einzigen Angestellten – die anderen hat er entlassen, weil sein Schatz zusammen schmilzt. Gustav, der königliche Berater, übernimmt sämtliche Aufgaben allein: das Jagen, Kochen, Putzen, Musizieren und Bespielen der Prinzessin. Die Prinzessin fühlt sich dafür aber längst zu erwachsen. Sie will ernstgenommen werden, arbeiten und nützlich sein. Wie die Geschichte ausgeht, ahnen wir. Und doch lohnt es sich, sie uns so neu interpretiert erzählen zu lassen.
Die phantasievoll ausgeschmückte Bühne von Iris Kraft dreht sich wie das Leben: vom Licht in den Schatten und umgedreht. Und die munter auftrumpfende Schauspieltruppe gibt dem tief lotenden Spiel Leichtigkeit und Farbe. Mietz stellt unverzagt an den Schrauben des Glücks und kickt die Tristess ins Aus: Kater überlistet nicht nur die scheuen Rebhühner, den egozentrischen König und den zaudernden Hans, sondern schließlich auch den mächtigen Zauberer. So eine Mietz wünscht sich wohl jeder. Und findet sie vielleicht in sich selbst. (he)
Die nächsten Familienvorstellungen sind am Sonntag, den 11.12. (ausverkauft) und 18.12. 2016. Innerhalb der Woche gibt es fast täglich Vor- und Nachmittags-Vorstellungen. Sie dauern gut eine Stunde und sind für Kinder ab sechs Jahren.
Weitere Informationen www.hansottotheater.de