Ob Stricken, Nähen, Basteln, Gärtnern oder Bauen – Selbermachen ist absolut im Trend. Das Internet ist voll von Anleitungen, wie man aus Europaletten Möbel baut, Buchumschläge falzt, Samenbomben anrührt oder einen Lampenschirm aus einer Häkeldecke zaubert. Es gibt Blogs, die Bild für Bild erklären, welcher Schritt als nächstes folgt, so dass man selbst mit zwei linken Händen durchaus Ansehnliches schaffen kann. Vielleicht Gefäße aus Beton?
Obwohl mein Papa gelernter Maurer ist, beschränkt sich mein Wissen über Zement auf die Kindheitserinnerung des sich immer drehenden Mischers in unserem Garten. Dieser übte zwar eine gewisse Faszination auf mich als kleines Mädchen aus, was da aber nun genau vor sich ging, kann ich nicht sagen. Interessierte mich eigentlich auch nicht. Nur dass wir immer schnell aus den Weg springen mussten, wenn die Trommel gestoppt und die homogene graue Masse ins Fundament gegossen wurde, das weiß ich noch. Dann schippte mein Papa, was das Zeug hielt. Ähnlich erging es mir bei meinem neuesten „Do-it-yourself“-Projekt: Kerzenständer und Vasen aus Beton gießen.
Nachdem ich mal wieder einen Abend auf Pinterest verbrachte, beschließe ich, mich im Betongießen zu versuchen. Ja klar, es gibt zurzeit auch in sämtlichen Einrichtungshäusern Gefäße aus Beton, aber Selbermachen ist doch einfach schöner. Außerdem hätte ich dann gleich ein tolles, individuelles Geburtstagsgeschenk für meine Freundin. Und so schwierig kann das ja nicht sein. Das zumindest sagen die Blogger im Internet. Also setze ich mich ins Auto und steuere den Baumarkt an. Relativ schnell fällt mir die Quick-Mix-Zement-Mischung in die Hände. Da muss man nichts mehr selbst anmischen, sondern gibt nur noch Wasser hinzu. Perfekt. Dann kann man schon mal nicht so viel falsch machen. Am nächsten Tag kommt meine Kreativ-Freundin zum gemeinsamen Experiment, bewaffnet mit leeren Joghurtbechern und zusammengeklebten Schächtelchen. Hier soll der Beton reingegossen werden. Leider kann von gießen nicht die Rede sein. Zwar macht die Masse zunächst einen guten Eindruck, doch als wir sie in die Gefäße geben wollen, wird sie schon beim Auskippen fest und bröselig. Nein, da kann doch irgendetwas nicht stimmen. Doch auch beim zweiten und dritten Versuch scheitern wir. Die „Quick-Mix“-Mischung hält, was ihr Name verspicht. Unser Resümee: Wir versuchen es auf die herkömmliche Art und Weise.
Also steuere ich am nächsten Tag erneut die Abteilung mit den Baumaterialien an. Ich stehe vor den 40-Kilo-Säcken und rätsele, wie ich die in meinen Wagen gehievt kriegen soll. Doch vorher stellt sich mir die noch viel wichtigere Frage: Was ist denn eigentlich der Unterschied zwischen Zement und Estrich? Auch auf die Gefahr hin, dass ich gleich für einen Lacher sorge, schnappe ich mir einen auskunftsfähigen Mitarbeiter. Er lacht nicht. Immerhin. Zement ist ein Teil von Estrich, sagt er. Richtig, so war das. Ich entscheide mich also für Zement in einem Frauen-freundlichen 10-Kilo-Sack. Außerdem schnappe ich mir einen Sack Quarzsand, denn der ist feiner als Kies und für den Bastelbedarf besser geeignet. So stand es jedenfalls in dem Blog des Vertrauens. Schon ein bisschen weniger motiviert breiten wir erneut unsere Schächtelchen vor uns aus. Außerdem verspachteln wir jeder noch schnell zwei Fruchtzwerge, denn die eignen sich wohl auch besonders gut als Kerzenständer. Wir krempeln die Ärmel hoch und rühren, was das Zeug hält. Als die Masse flüssig genug scheint, gießen wir sie zügig in die Förmchen. Wir zücken einen Joghurtbecher nach dem anderen und ich komme mit den Kerzen gar nicht hinterher. So macht das Spaß.
Der Spaß endet abrupt, als ich drei Tage später, es ist der Geburtstag meiner Freundin, „ihren“ Kerzenständer aus seiner Form befreien will und er jäh in meiner Hand zerbröselt. Mir ist zum Weinen zumute. Ich hätte damals am Mischer meines Vaters einfach besser hinschauen sollen.
Ich lasse das Projekt Betongießen zwei Wochen ruhen. Doch da unsere Küche wie ein Baustoffhandel aussieht, stellt mich mein Freund vor die Wahl: ein letzter Versuch oder das Zeug verschwindet im Keller. Ich entscheide mich für ersteres. Denn nun glaube ich den Fehler der bisherigen Versuche gefunden zu haben. Ich weiß nicht warum, aber ich habe bei meinem letzten Baumarkt-Besuch doch den Sack mit Zementmörtel gegriffen. Zusammen mit dem Quarzsand war das dann vermutlich einfach ein bisschen viel Sand. Dieses Mal wird also mit echtem Zement angerührt. Und es läuft wie am Schnürchen. Nach zwei Tagen betrachte ich stolz meine Windlichter. Warum nicht gleich so?! (So)
Sehr schick sehen sie aus, deine Kunstwerke! Ende gut, alles gut; )
…und selten war die Kategorie „Die Mischung macht’s“ zutreffender.