Eine Feier des Lebens. Bis in den Tod. Fotografien von Monika Schulz-Fieguth im Potsdam Museum

Klosterbuch A.89
Das „Klosterbuch“, 2010. Die Seiten springen fast heraus.

Es ist bereits ein paar Wochen her, als ich die Porträtwelt Monika Schulz-Fieguths im Potsdam Museum durchquerte. Mit einem gebrochenen Knöchel an die Couch gefesselt, blättere ich jetzt noch einmal durch den Katalog ihrer Ausstellung und bin erneut zutiefst berührt. Vor allem ihre Fotografien über das Sterben sind von einer Kraft, die atemlos machen. Unaufgeregt und doch aufwühlend.

Wieder und wieder schaue ich in das Gesicht von Peter Herrmann, das mit Fortschreiten der Krankheit immer kantiger wird, doch die Wärme und Milde seines Blicks nicht mindert. Peter Herrmann bat Ende Januar 2009 Monika Schulz-Fieguth, ihn zu begleiten in seiner Krankheit. Natürlich hatte er die Hoffnung, zeigen zu können, wie er sie besiegt. Erst viel später geriet diese unerschütterliche Zuversicht ins Wanken. Doch die Fototermine wurden fortgesetzt, egal, wie er sich fühlte. Er wollte es so. Auch im Krankenhaus, als er gegen die Auswirkungen der Chemotherapie ankämpfte. Sie sprachen wenig über die Krankheit und fast nie über den Tod. Dafür über den Wert der Familie und über die Freundschaft. Und natürlich über die Kinder, über die beiden kleinen von Peter Herrmann und die zwei erwachsenen von Monika Schulz-Fieguth. Peter Herrmann starb im Oktober 2009 im Alter von 44 Jahren.

Gern erinnere ich mich an meine Begegnungen mit ihm: bei Ausstellungseröffnungen im Potsdam Museum, wo er die fotografische Sammlung aufbaute. Auch wenn wir uns auf der Straße trafen, gab es immer einen herzlichen Gruß, ein nettes Wort. Seine Krankheit klammerte er bei unseren Gesprächen nicht aus. Die Fotografien von Monika Schulz-Fieguth holen die Erinnerungen hoch und zeigen in einer einfühlsam gestalteten Ausstellung, wie Peter Herrmann in der Geborgenheit seiner Familie seine letzten Schritte ging. Die Fotografin war auch in diesem Moment dabei. Sie erinnert sich an den Augenblick des Todes, als sei er gestern gewesen: „Diese intime Stille war entrückt und ergreifend, aber sie hatte nichts Beängstigendes. So eine unglaubliche Geborgenheit habe ich nie zuvor erlebt.“

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Hugo, 1982

Monika Schulz-Fieguth begleitete auch ihren Vater und Onkel, ließ sich ohne Wenn und Aber auf das oft tabuisierte Thema Sterben ein: auf eine Totenklage, die zugleich eine Feier des Lebens ist.

Die Retrospektive „Lumen et Umbra“ – Licht und Schatten – zeigt in rund 110 Bildern den weitgespannten Bogen ihrer Arbeit. Sie begleitete Menschen, die am Rollstuhl gefesselt sind und ihre Jugend doch wild und ausgelassen feiern. Sie beobachtete das geheimnisvoll anmutende und für Außenstehende so fremdartig wirkende Leben in einem Kloster. Und lässt die Blätter einer Bibel rascheln, als seien sie lebendig und der Heilige Geist schwebt daraus empor.

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Franziska Knuppe, 2014

Immer wieder richtet sich ihr Fokus auf das Porträt. Anfangs eingebettet in das soziale Umfeld, nach der politischen Wende immer reduzierter. Wir sehen in das makellos schöne Gesicht von Franziska Knuppe, einer Madonna gleich, und in das ausgemergelte hohlwangige des Geistesarbeiters und Einsiedlers Hans-Jürgen Treder. Nichts lenkt bei ihren „schwarzen Porträts“ mehr ab von der Landschaft des Gesichtes: von den Spuren des Lebens – in Falten gelegt. Monika Schulz-Fieguth stimmt ein Hohelied an auf alle Phasen des Werdens und Vergehens, auf die Blüte und das Welken. Bis in den Tod. Malerisch und sinnlich zugleich. (he)

Die Ausstellung „Lumen et Umbra“ ist bis zum 21. August im Potsdam Museum Am Alten Markt zu sehen. Der Begleitkatalog ist im Lukas Verlag erschienen (25 Euro).

Am 4. August um 18 Uhr läuft begleitend zur Ausstellung der 25-minütige Film: „Der Physiker. Ansichten zu Hans-Jürgen Treder“ von 1989 in der Regie von Peter Rocha.
Danach gibt es ein Gespräch zwischen dem Astrophysiker  Prof. Hans Oleak und Monika Schulz-Fieguth.

Weiteres unter www.potsdam-museum.de

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