Eine Umarmung der Schönheit und des Alters. Olaf Heines fotografischen Geheimnisse in Schwarz-Weiß

Es ist mein erster Besuch der Galerie „Camera Work“ in der Berliner Kantstraße. Auf den ersten Blick ein unscheinbarer Ort, an dem man schnell vorbeiläuft. Die Ausstellungsräume auf den zwei Etagen sind über den Hinterhof zu erreichen: quer über eine kleine grüne Oase. Dort stellt bis zum 4. Februar der Fotograf Olaf Heine seine „Human Conditions“ aus: eine Verbeugung vor großen Künstlern, „die auf den Zerfall und die Zerstörung dieser Welt mit dem Guten und Schönen antworten“, wie der aus Hannover stammende Fotograf in einem Interview sagte.

Altersschön. John Baldessari

Wir sehen in die Gesichter von Schauspielern und Musikern wie Marie Bäumer, Marius Müller-Westernhagen, Sting oder Nick Cave. Heine lässt sich oft von der dunklen Seite der Persönlichkeiten inspirieren, und so verbirgt fast jedes Bild ein kleines Geheimnis, dem der Betrachter versucht, auf die Spur zu kommen. Was für ein Leben hat dieser Iggy Pop, der „Godfather of Punk“, durchkämpft, hinter dessen ausgezehrtem Gesicht und stechendem Blick sich ein tiefer Ozean auszubreiten scheint. Oder wie inspirativ war Sophia Thomalla für ihren einstigen Geliebten Till Lindemann, den Rammstein-Frontsänger? Auf dem Foto sehen wir die Schauspielerin nackt in aufrechter Pose vor dem Schachspielbrett sitzen, dem Sänger vis-a-vis. Ist sie nur eine weitere Figur auf seinem Tableau? Von Sophia Thomalla gibt es auch ein Porträt, das in seiner makellosen Perfektion im spannenden Kontrast zu dem durchfurchten Bildnis des 2020 verstorbenen Konzeptkünstlers John Baldessari steht. Eine liebevolle Umarmung des Alters. Im zeitlosen Schwarz-Weiß der Heine-Fotos liegen unendlich viele Töne und Schattenwürfe, die sich in den weiß getünchten Räumen wunderbar entfalten.
Die mehr als 40 Arbeiten der gut besuchten Ausstellung zeigt eine Auswahl der berühmtesten Werke von Olaf Heine sowie Fotografien, die zum ersten Mal weltweit ausgestellt werden. Es lohnt sich also, auf den letzten Ausstellungsmetern noch vorbeizuschauen.

Der Kämpfer. Iggy Pop. Fotos: Olaf Heine

Diese Verbeugung vor dem Schöpferischen folgte einem Zyklus, in dem sich Heine den tiefen Verletzungen der Menschenwürde widmete: Er fotografierte Frauen, die im Bürgerkrieg von Ruanda vergewaltigt worden sind. Er stellte sie neben ihren ungewollten, nunmehr erwachsenen Kindern.

In der Galerie Camera Work geht es indes um das Potential, das wir haben, wenn wir positive Dinge tun. Aber auch auf diesem Weg gibt es immer wieder Stolpersteine. he

 

 

 

Zu sehen bis 4. Februar in der Galerie Camera Work, Kantstraße 149 (nahe Savignyplatz), Dienstag bis Samstag von 11-18 Uhr & nach Vereinbarung. Der Eintritt ist frei.
Ab dem 11. Februar gibt es die Gruppenausstellung „Walk of Fame“, die rund 60 fotografische Arbeiten aus über 100 Jahren Fotografiegeschichte zeigt und die ästhetische Anmut und den Glanz von Hollywood thematisiert.

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