Feinste „Häppchenkultur“

IMG_1669
„Brigandu“ spielt keltische Musik zum Dahinschmelzen / Foto: Jäger

Monde hängen in den Bäumen, Liebesfalter schwirren durch die Lüfte: ein Sommerabend der Leidenschaft. Die Schirrhofnächte verzaubern mit einem sanft prickelnden und zuweilen auch überschäumenden Charme. Es ist ein herrliches Flanieren zwischen den einzelnen Kulturquartieren, die sich alle für diese Nacht geöffnet haben.

IMG_1692
Eine groovige Fusion: das Potsdamer Pulsar Trio / Foto: Jäger

Im „fabrik“- „Soundgarten“ spielt das Berliner Trio „Brigandu“ keltische Musik zum Dahinschmelzen mit sanften Harfen- und Flötentönen und orientalischer Percussion, während fünf Meter weiter die Beachvolleyballer Sand aufwirbeln. Paare halten sich auf Decken in den Armen, Kinder springen mit Lufballons vorbei.
Derweil sorgt im Schirrhof vor etwa 70 Zuschauern die neue gegründete Potsdamer Shakespeare-Truppe Neues Globe Theater mit einer launigen „Wie es Euch gefällt“-Inszenierung für Lacher und Bravos. Damen stecken in Männerrollen, Männer in Frauenklamotten – und das Verwirrspiel – Wer mit Wem? – nimmt seinen Lauf. In der Pause rollen drei Sopranistinnen auf Segways über den Platz und stimmen in der Choreografie von Paula E. Paul und Sirko Knüpfer Gesänge über die globale Wanderbewegung an – ein witziges, ein verstörendes, leider akustisch etwas verwehtes Intermezzo, das schnell wieder davon rollt (mehr von diesem skurrilen „Touristenführer“ gibt es am 14. Januar 2016 in der Waschhaus Arena).

Wie Schlangenbeschwörer auf einem orientalischen Basar nimmt das Pulsar Trio seinen Platz auf glänzende Teppiche ein. Das ist Augen- und Ohrenbalsam, Rhythmus für Herz und Seele. Man schwingt und schnippst mit, träumt sich weg mit diesem wunderbaren Zusammenspiel von Beate Wein am Piano, Aaaron Christ am Schlagzeug und mittendrin wie ein Fels in der musikalischen Brandung Matyas Wolter an der Sitar. Diese drei Potsdamer schlagen mit ihrer jazzigen Weltmusik musikalische Funken, die statt Schlangen gute Laune beschwören.
Wer dennoch weiter wandert, hört aus dem Bauch der „John Barnett“ Rockiges von „Gehrock“, wird eingeladen zum Karl-May-Hörspiel-Abenteuer auf dem Sommerdeck des Theaterschiffs, das allerdings verwaist aussieht, und landet schließlich wieder am Soundgarten, um sich mit einem leckeren Falafel zu stärken.
Das ist sommerliche „Häppchenkultur“ vom Feinsten und wird fortgesetzt. Die Schirrhofnächte gehen noch bis zum 30. August. Das heutige Konzert mit den fünf „Wanda“-Musikern aus Wien ist allerdings ausverkauft. Für Shakespeares launige Liebesspiele gibt es noch Karten. Schön wäre es, wenn sich der Kunstraum mit seiner Fotoausstellung auch für diese Nächte öffnet. (he)
Das Programm unter www.t-werk.de sowie www.neuesglobetheater.de

 

Eine kleine Videoimpression:

 

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert