Der Winter ist noch nicht ganz vorbei, doch die Planungen für die kürzeste Nacht des Jahres laufen bereits auf Hochtouren: Die „Fête de la Musique“ wird in diesem Sommer in Potsdam zum 12. Mal stattfinden. Traditionell wird das unkommerzielle Musikfestival zur Sommersonnenwende am 21. Juni in mehr als 500 Städten auf der ganzen Welt zeitgleich gefeiert. Noch bis Ende Februar können sich Musiker für einen Auftritt bei der „Fête“ bewerben und Gastronomen ihre Locations als Veranstaltungsort ins Spiel bringen. Die Kultursegler (KS) sprachen mit Benno Frevert, Programmkoordinator der Fête de la Musique und langjähriges Mitglied des KULTURtänzer e.V., dem Potsdam seit jeher die Organisation des Festivals verdankt.
Benno Frevert ist seit acht Jahren über den KULTURtänzer e.V. in die Organisation der Fête de la Musique eingebunden und selber Schlagzeuger, u.a. bei der Potsdamer Band Maggies Farm. Er und sein Team sind verantwortlich für die Programmgestaltung und die Koordination zwischen den Bands und den einzelnen Veranstaltungsorten. Am Tag der Fête ist er auch „Mädchen für alles“, wenn irgendwo ein Kabel fehlt oder mal eine Band im Stau steht.
KS: Seit kurzem läuft die Bewerbungsfrist für die diesjährige Fête de la Musique. Wie ist der Stand der Dinge und wie wählt Ihr eigentlich die Musiker aus?
Benno: Bisher haben wir schon über 60 Bewerbungen von Musikern. Zur Fête werden es wieder rund 100 Bands auf bis zu 40 Bühnen in der ganzen Stadt sein. Bei unserer Auswahl spielt natürlich die musikalische Qualität eine Rolle – aber nicht nur! Vor allem wollen wir eine große Vielfalt im Programm. Und wir wollen auch jungen, unbekannten Künstlern eine Chance für einen Auftritt geben. Außerdem kann auch jeder, der möchte, auf den Open Stages auf der Brandenburger Straße spielen, wie schon im vergangenen Jahr. In einem kleinen Team treffen wir aus den Bewerbungen unsere Auswahl. Das ist viel Arbeit, man muss sich ja mit jeder Bewerbung genauer beschäftigen. Wir recherchieren, um mehr zu erfahren oder um zum Beispiel auszuschließen, dass man es mit politisch fragwürdigen Bands zu tun hat. Einen Teil der Gruppen, die sich bewerben, kennen wir natürlich auch selber aus den letzten Jahren, da ist das einfacher. Intern machen wir dann so eine Art Ranking und werden anschließend unsere Auswahl an die einzelnen Bühnen-Veranstalter vermitteln. Die Locations haben in der Bandauswahl das letzte Wort, meistens vertrauen sie uns aber. Somit basteln wir nach und nach das Programm. Dabei gibt es vieles zu beachten: Zum Beispiel können wir nicht zeitgleich auf zwei benachbarten Bühnen eine Punkband und einen Singer-Songwriter spielen lassen.
KS: Also haben Musiker und Veranstalter, die sich mit einer Bühne beteiligen wollen, noch gute Chancen bei Ihren Bewerbungen?
Benno: Ja, auf jeden Fall! Feuer frei! Neben allen Musikern und Bands freuen wir uns ganz besonders auch über außergewöhnlichere Bewerbungen: Musik mit Comedy, Chöre… eben alles, was mit Musik zu tun hat. Je ausgefallener, desto besser die Karten. Wichtig ist uns wie gesagt vor allem die Vielfalt. Übrigens freuen wir uns auch über neue Locations. Wir wollen am liebsten ganz Potsdam abdecken! Alle Potsdamer sollten etwas von der Fête haben. Auch in den Wohngebieten, wie z.B. am Schlaatz oder in Drewitz.
KS: Am Tag der diesjährigen Fête de la Musique spielt Deutschland ein Spiel in der Fußball-Europameisterschaft…
Benno: Ja, das wissen wir natürlich. Bei uns soll die Musik im Vordergrund stehen, aber selbstverständlich werden wir versuchen, den Fußball irgendwie zu integrieren. Wir wollen die Fußballfans in der Zeit des Spiels ja nicht komplett verlieren. Es wird Möglichkeiten geben, beides unter einen Hut zu bekommen.
KS: Die Fête de la Musique ist abhängig von den finanziellen Zuwendungen der Stadt, die wie immer sehr knapp bemessen sind. Auch dieses Jahr hattet Ihr auf eine höhere Förderung gehofft. Vor zwei Jahren musste die Veranstaltung wegen Unterfinanzierung sogar ausfallen.
Benno: Die Förderung der Stadt ist für die Fête überlebenswichtig. Ohne sie könnten wir die Veranstaltung gar nicht auf die Beine stellen. Wir arbeiten im Verein alle ehrenamtlich. Das Festival selbst ist kostenlos und die Bands erhalten keine Gagen, nicht einmal die etwas bekannteren. Zugpferde wie zum Beispiel Hasenscheiße oder 44 Leningrad im letzten Jahr, spielen, weil es ihnen einfach großen Spaß macht. Genau das macht die Fête aber aus. Diesen nicht-kommerziellen Charakter wollen wir bewahren, das ist die Grundidee des Festivals – und zwar nicht nur in Potsdam.
KS: Warum denkst Du, ist die Fête so wichtig für Potsdam?
Benno: Potsdam ist eine bunte Stadt mit vielen multikulturell interessierten Menschen. Aber Veranstalter und vor allem auch unbekanntere Musiker haben es teilweise recht schwer. Die Fête bietet einmal im Jahr quasi „eine Bühne“ für alle: den Menschen, die Musik hören wollen und den Menschen, die Musik machen. Jedem soll an diesem Tag der Zugang zu Musik ermöglicht werden. Jeder kann dabei Neues für sich entdecken – und das kostenlos an vielen Orten in einer tollen Atmosphäre. Die Bands freuen sich jedes Jahr auf diesen Tag, zum Teil kommen sie lieber nach Potsdam, als in Berlin zu spielen. Und man muss sich nur mal in Potsdams Kultur umschauen – sie lebt von den unabhängigen Initiativen! Als vor zwei Jahren das Festival ausfallen musste und dazu auch andere Veranstaltungen gestrichen wurden, hat man das Bedauern sehr gespürt. Außerdem ist die Fête de la Musique mittlerweile die flächenmäßig größte Veranstaltung der Stadt und auf jeden Fall ein Highlight im Kulturkalender.
Das Interview führte Roman Soike.
Musiker und Veranstalter können sich für die Fête de la Musique noch bis zum 29. Februar HIER bewerben. Wer sich in die Organisation einbringen möchte, kann sich an die KULTURtänzer wenden. Bei den wöchentlichen Treffen sind neue Gesichter gerne gesehen.