In der Geschenkesucherei gibts so manche Grübelei…

Jedes Jahr die gleiche Diskussion: Wollen wir uns wirklich noch alle gegenseitig beschenken – jetzt, wo die Familie immer größer wird? Reicht es nicht, wenn nur die Kinder bunte Päckchen auswickeln? Die Fraktion der Gerne-Schenkenden hat auch in diesem Jahr mal wieder gewonnen. Und somit beginnt das Nachdenken.

Der Kultursegler wartet für alle, die auch beim Grübeln sind, mit ein paar Geschenkideen auf:

Gastronomische Zeitreise: Einkehren in Potsdam vor 120 Jahren

Zu Weihnachten sind Kalender angesichts des kurz bevorstehenden Jahreswechsels schon immer ein Klassiker unter den Geschenken. Sie sind „praktisch“, denn man hat das ganze Jahr etwas davon und bestenfalls sind sie auch noch schön anzuschauen. Kalender mit Potsdam-Bezug gibt es jedes Jahr in verschiedener Qualität und nicht selten mit schon oft gesehenen Motiven.

„In Potsdam eingekehrt“

Eine ganz neue Perspektive auf das historische Potsdam bietet der Kalender „In Potsdam eingekehrt“ für 2020: Der Potsdamer Grafiker Peter Rogge hat sich für diesen aufgemacht, historische fotografische Schätze der Potsdamer Gastronomie-Landschaft um das Jahr 1900 zu heben. So finden sich darin teils noch nicht veröffentlichte Fotos verschiedener Lokalitäten, die einen spannenden Eindruck davon vermitteln, wie es aussah, wenn man vor 120 Jahren in Potsdam auf ein Bier oder ein gutes Essen ausging.

Viele dieser Orte existieren nicht mehr, andere wiederum empfangen auch heute noch hunrige und durstige Gäste, wie z.B. das Forsthaus Templin, das Restaurant Hiemke in Babelsberg oder das heutige Café Heider am Nauener Tor. Und so kann man mit den Eindrücken des Kalenders (vor allem beim nächsten Besuch einer dieser Lokale) Vergangenheit erleben: Pferdekutschen, die Bierfässer liefern; ausgehfreudige Potsdamer, die ihre Anzüge und Kleider spazierentragen; Gastronomen, die stolz vor ihrem Lokal posieren – aber auch die Orte, die es heute so nicht mehr gibt. (ro)

Historischer Potsdam-Kalender 2020 „In Potsdam eingekehrt“ von Peter Rogge. Die grafisch sehr ansprechende Zeitreise gibt es für 18,90 Euro zu bestellen unter: www.potsdamkalender.de/

Im Rausch des Goldenen Zeitalters

Rembrandt „Isaak Rebecca“ © Rijksmuseum

Dieser prächtige Bildband weckt Vorfreude. Im kommenden Juni macht Altmeister Rembrandt Potsdam seine Aufwartung und stellt im Museum Barberini seine Vorliebe für den Orient zur Schau. Mit dem im Prestel Verlag erschienenen Buch „Das Goldene Zeitalter der niederländischen Malerei im 17. Jahrhundert“ wird man trefflich darauf eingestimmt. Bildgewaltig nehmen sie alle schon mal Aufstellung: die großen Pinselführer des Nordens, Vermeer, Rubens, Van Dyck, Jan Brueghel – und eben Rembrandt.

Wer sich durch dieses stattliche Werk blättert, das verheißungsvoll in einem Schmuckschuber steckt, erlebt einen Augenschmaus erster Güte. Eben Meisterliches. Die Hand streicht vorsichtig und voller Genuss über die Abbildungen mit der furchteinflößenden Gewitterlandschaft, dem sündenbetörenden Jüngsten Gericht, der in sich versunkenen Spitzenklöpplerin. Lichtgiganten feinster Präzision, Sinnlichkeit versprühende Farbwunder. Und die Krönung des Ganzen: Rembrandts Gesichter, die es vermögen, ganze Lebensgeschichten einzufangen. Das Gesicht als Widerschein der Psyche, nennt es Autor Norbert Wolf. Der Kunsthistoriker aus München versteht es, die Bilder auch in ihren dunkelsten Ecken auszuleuchten, ohne ihnen die Magie zu nehmen. Zudem lässt er den Zeitgeist auferstehen, erzählt, wieso die Niederländer vor 400 Jahre plötzlich zu Reichtum kamen, wie der Glanz der zerfallenen Nation durch die Seefahrt wieder kräftig aufpoliert wurde. Über Rembrandts Orient-Manie ist indes nichts zu lesen: Das reicht das Barberini mit den Originalen später nach.

Das Buch lässt den Zauber aber schon mal porentief auf Papier atmen: mit doppelseitigen prächtigen Abbildungen und spannenden Details aus den Gemälden. Das Ganze hat natürlich auch seinen Preis, aber Kunstliebhaber werden es mögen. (he)

„Das Goldene Zeitalter der niederländischen Malerei im 17. Jahrhundert“ [Prachtband im Schmuckschuber], Prestel Verlag, von Autor Norbert Wolf, 99 Euro

Zauber der Magie: Potsdams erstes Varieté im Waschhaus Potsdam

WOW! Die Varieté-Show im Waschhaus

Passend zum Zauber der Weihnachtszeit entführt Potsdams erstes Varieté in eine Welt, in der sich Wirklichkeit und Phantasie vermischen. Man muss also nicht unbedingt bis nach Berlin in den Wintergarten oder zum Friedrichstadtpalast fahren, um sich von internationalen Star-Artisten verzaubern zu lassen. Die Show aus Jonglage, Akrobatik, Tanz und Magie ist das Highlight der erstmals im Waschhaus stattfindenden Winterzirkus-Reihe. Martin Sierp, Comedian, Verwandlungs- und Zauberkünstler, führt kleine und große Gäste durch einen Abend voller Adrenalin, Phantasie, Humor und Leidenschaft. (so)

Die Vorstellungen finden am Samstag, den 18.01.2020 um 15.00 und 20.00 Uhr und Sonntag, den 19.01.2020 um 15.00 und 19.00 Uhr statt. Karten gibt es ab 19 Euro auf der Waschhaus-Webseite.

Eine Aufwartung beim Grünen Fürsten

Hermann von Pückler-Muskau gestaltete unter anderem den Park Babelsberg

Wer den schillernden Gartenfürsten bislang noch nicht kennen sollte, dem hilft der Almanach „Fürst Pückler. Ein Leben in Bildern“ gehörig auf die Sprünge. Er durchleuchtet den unternehmungslustigen Weltenbummler, kapriziösen Schöngeist und nimmermüden Landschaftskünstler geradezu mit Röntgenaugen. Nichts bleibt verborgen, was den nimmermüden Fürsten in seinen 86 Lebensjahren (1785 – 1871) umtrieb. Da geht es nicht nur um das Paradies in Branitz, das er – inspiriert von seinen vielen Reisen – als krönende Schöpfung wachsen und erblühen ließ. Erzählt wird vor allem über den Menschen, der es bereits als Kind zur Bühnenreife brachte.

Eine der bekanntesten Anekdoten berichtet, wie er als Fünfjähriger von seinem Hauslehrer in ein Turmzimmer der Muskauschen Residenz eingesperrt wurde, weil er nicht folgsam war. Der widerspenstige Unhold drohte darauf hin, sich aus dem Fenster zu stürzen. Der Lehrer ließ seinen Zögling als Abschreckung die vier Stockwerke hinunterschauen: in den modrigen Abgrund des Schlossgrabens. Keineswegs eingeschüchtert, bastelte das rebellierende Sonntagskind nun eine Puppe aus Stroh und warf sie im Dunkel der hereinbrechenden Nacht klatschend ins Wasser. Dem Lehrer gefror das Blut in den Adern. War er für den Tod seines Schülers verantwortlich? Anekdoten und Legenden, aber vor allem auch die vielen Briefe, machen das Buch zu einer spannenden Lektüre, die Privates und Zeitgeschichtliches bestens miteinander verzahnt. Die pointiert geschriebenen Essays der 14 Autoren sind in umfangreiches Foto-und Kartenmaterial eingebettet und mit grafischen Finessen ausgestaltet. Diese Üppigkeit an Details erfordert aber auch ein tiefes Eindringen, um nicht aus der Lesebahn geworfen zu werden.

Mit diesem Werk hat sich Herausgeber Gert Streidt, der gerade seinen Direktorenstuhl im Schloss Branitz geräumt hat und nun seinen Ruhestand in Potsdam genießen kann, ein würdiges Abschiedsgeschenk bereitet. Es ist einmal mehr ein Anreiz, sich selbst auf den Weg nach Branitz zu machen, wo sich Pückler in einer Pyramide seine letzte Ruhestätte schuf. Auch in der kalten Jahreszeit weht dort aus allen Ecken ein warmer orientalischer Wind. (he)

Fürst Pückler. Ein Leben in Bildern,

be.bra Verlag, 34 Euro

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