„Das Goldene Vlies“ von Franz Grillparzer im Hans Otto Theater
Es ist ein Abend der großen Emotionen. Antiker Stoff verpackt in einer dramatischen Liebesgeschichte, die sich schnell als „Amour Fou“ entlarvt – eine Liebe, die zum Scheitern verurteilt ist. Zugegebenermaßen sah ich dem Theaterabend etwas skeptisch entgegen, tue ich mich mit Dramen aus der Mythologie doch manchmal etwas schwer. Zu viele gleich klingende Namen, zu viele Intrigen, zu viele Nebenhandlungen. Und dazu eine Sprache, die die volle Konzentration abverlangt. Doch die Tragödie “Das Goldene Vlies“ von Franz Grillparzer unter der Regie von Alexander Nerlich benötigte nur wenige Minuten, um mich am vergangenen Samstagabend in ihren Bann zu ziehen.
Medeas Liebe war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Der Vater hatte es ihr prophezeit, als sie die Familie verriet und sich für die Liebe entschied: “Sieh ihn dort, ihn, den du gewählt; ihm übergeb‘ ich dich; er wird mich rächen, er wird dich strafen, er selber, früher als du denkst.“
Und so sollte es kommen. Zu unterschiedlich waren sie: die Liebenden. Die wilde Barbarin Medea – mitreißend gespielt von Marianna Linden – die mit dem Bruder beim Vater (Bernd Geiling), aufwuchs, der seine Zuneigung heuchelte, um den Charme der Tochter für Geschäfte einzusetzen. Sie selbst wusste um ihre Wirkung. Mit ihren roten Haare, den vollen Lippen und dem stechenden Blick konnten ihr die Männer nicht widerstehen. Doch eigentlich fühlte sie sich nur den Göttern nahe. Bis sie Jason begegnete, einem jungen griechischen Freischärler, charmant gespielt von Florian Schmidtke. Er war weit gereist, um das Goldene Vlies zu stehlen, das Medeas Vater Aietes, König von Kolchis, durch eine Bluttat in seinem Besitz gebracht hatte. Denn es steht für Macht und Ruhm. Von ihrem Begehren für diesen Fremden übermannt, verriet Medea das Versteck und damit Familie und Königreich. Jason wiederum schwor ihr ewige Treue – so gab Medea sich einer ihr zuvor unbekannten Lust hin und ließ sich mitreißen von diesem Strudel der Gefühle.
Als Vorlage für „Das Goldene Vlies“ von Franz Grillparzer (1819) dienten der Argonautenepos von Apollonios von Rhodos und die wohl bekanntere Geschichte der Medea von Euripides (5. Jhd. v. Chr.). Alexander Nerlich hat mit seiner Fassung, die am 3. Februar im Hans Otto Theater Premiere feierte, ein spannungsreiches Drama erarbeitet. In knapp drei Stunden wird die Geschichte von Medea und Jason erzählt, ohne Längen, was vor allem an der Energie der Schauspieler lag, die bis zum tragischen Ende versprüht wurde. „Die wir zum Unglück uns gefunden – im Unglück scheiden wir!“.
Auf diesem langen Weg in die Katstrophe lagen viele berührende Bilder, so, wenn ein Berg die Liebenden in sich aufsaugt, oder Schatten mit den Figuren in ein Zwiegespräch treten. (So)
Hingehen lohnt sich!
Weitere Vorstellungen gibt es am: 24. Februar, 7. März, 19. März
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