Für die ganz Kurzentschlossenen haben wir, so kurz vor Weihnachten, noch einen letzten Buchtipp, der vor allem Tierfreunde und Hobbyforscher als Beschenkte begeistern wird: „Kat Menschiks & des Diplombiologen Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes illustrirtes Thierleben“. Tatsächlich ist das der offizielle Titel des Buches – und die Assoziationen zu bekannten Altwerken sind natürlich Absicht.
Mit viel Augenzwinkern erzählt hier Dr. Mark Benecke, Deutschlands vermutlich prominentester Kriminalbiologe und unter anderem auch als Wissenschaftskolumnist bei radioeins bekannt, von skurrilen Forschungserkenntnissen und oft wundersamen, manchmal auch schaurigen Geschichten aus dem Reich der (Haus-)Tiere. Begleitet werden diese durch die bunten Collagen der preisgekrönten Illustratorin Kat Menschik.
In seinen kurzen Aufsätzen verneigt sich Benecke vor den Büchern der Biologie-Altmeister wie etwa Alfred Brehm („Illustriertes Thierleben“) und Carl von Linné (Begründer der Taxonomie) und schaut aus einer modernen Forscherperspektive auf die Dinge, die da kreuchen und fleuchen. Dabei können die alten Werke aus heutiger Sicht mitunter ziemlich ulkig wirken, insbesondere, wenn Benecke „vermenschelnde“ zoologische Beschreibungen oder die ein oder andere wissenschaftliche Ungenauigkeit unterhaltsam aufarbeitet. Wusstet ihr zum Beispiel, dass die Meerjungfrau einmal ganz selbstverständlich und völlig kommentarlos neben „Fischen und allem anderem aus dem Meer“ als ein „mit Lungen atmendes Wasserwesen“ in zoologischen Standardwerken aufgeführt wurde? Mit den Belegen hat man es – damals wie heute – manchmal nicht ganz so genau genommen.
Gleich mehrere Artikel widmet Benecke dem treusten Freund des Menschen: den Hunden. Es geht um schwer atmende Möpse, die schon Alfred Brehm mit verbitterten alten Jungfern verglich („Launenhaft, unartig, […] jedem vernünftigen Menschen ein Gräuel“) und den heutigen „Retromöpsen“. Es geht um die Frisuren von Pudeln und den gescheiterten Versuch, Wolfspudel zu züchten (aber auch andere verrückte tierische Kreuzungen: Liger und Töwen kennt man ja vielleicht noch – aber Walphine?). Und es geht um die manipulative Wirkung „beschämter Hunde“ und darum, wie der beste Freund des Menschen manchmal etwas zu viel von Herrchen oder Frauchen will („Haustiere, die Menschen essen“. Spoiler: Es kann auch der Goldhamster sein!).
Neben weiteren Haustieren (zum Beispiel Silberfischchen), erfährt man aber auch Eigenwilliges über tierisches Sucht- und Sexualverhalten (betrunkene Elche; homosexuelle, nekrophile Enten) oder der Art und Weise, wie knuddelige Vampirfledermäuse an ihre blutige Nahrung kommen.
Der Unterhaltsamkeitswert liegt neben der Skurrilität der Geschichten vor allem an der lockeren, lebhaften Erzählweise von Dr. Mark Benecke. Zwar ist Benecke auch bekannt als Kandidat einer Satirepartei, er bedient sich hier aber – ganz seiner Ethik als Forscher folgend – fundierter wissenschaftlicher Arbeiten und Quellen, was unter anderem ein umfangreicher Anhang beweist. Das macht das Buch zu einer sehr kurzweiligen Lektüre, die – ähnlich wie Beneckes Wissenschaftspodcasts – mit viel intelligentem Witz einige spannende Fundstücke aus dem Reich der Naturwissenschaften bietet.
„Kat Menschiks & des Diplombiologen Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes illustrirtes Thierleben“ ist Anfang November als Hordcover im Verlag Galiani Berlin erschienen und kostet glatte 20,- Euro. Der Buchladen des Vertrauens hat auch im Lockdown geöffnet und freut sich auf Bestellungen, sofern das Buch nicht eh vorrätig ist. (ro)