Raus aus der Kälte, rein in die gemütliche Kneipenwärme. Bevor wir uns auf das Fatih-Akin-Drama “Aus dem Nichts“ im Thalia einlassen, wollen wir uns noch stärken. Der Italiener in der Alt Nowawes ist ein heißer Tipp. Der Blick durch die großen Scheiben ist indes ernüchternd. Die Menschen verschwimmen im Kerzenmeer und scheinen sich zu stapeln. Wir probieren dennoch unser Glück. Ehe wir die Lage richtig überblicken, werden wir schon von einem ewig jungen smarten Endvierziger mit dunkler Schmalztolle fast in die Arme genommen. „Haben Sie bestellt?“ „Nein!“ „Uno Momento!“. Und schon drückt er uns eine Minute später ein Glas Prosecco in die Hand, noch ehe wir die Mäntel ablegen können. Wir drücken uns in dem engen Gang dicht aneinander und fallen den essenden Gästen fast in die Tortellinis. Die Kellner schlängeln sich mit weichen Hüftschwüngen und vollen Tabletts um uns herum. Immer ein Lächeln im Gesicht. Die Gäste werden stückweise umgeschichtet: die an der Tür kurzzeitig eingeparkt wurden, bekommen wenig später das versprochene Tischchen zu zweit um die Ecke. Wir nehmen am „Türtisch“ Platz. Der Lachs in Orangensauce lässt nicht lange auf sich warten. Und der Sauvignon Blanc folgt in der Flasche. „Wir schauen am Ende, wie viel sie getrunken haben und rechnen danach ab“, sagt der Kellner. Was soll schon das lästige Schoppenbestellen, wenn man nicht weiß, ob auf den ersten nicht doch noch ein zweiter folgt?!
Nun denn, die Kellner mit ihren rundum leuchtenden Augen haben alles im Blick, vor allem halbleere Gläser. So schnell kann man gar nicht gucken, wie wieder ein Schwall ins halbvolle Glas schwappt. Der schnell einsetzende Schwipps passt zur Atmosphäre: Da man ohnehin kaum sein eigenes Wort versteht, dafür umso mehr das des Nachbars, gestaltet sich dieser Kneipengang wie eine Filmvorstellung mit den fliegenden Kellnern in den Hauptrollen. Die Fotos von Sophia Loren und Lollobrigida an den Wänden passen zur Kulisse. Die jungen servierenden Männer mit Einheitsraspelkurzhaarschnitt kreisen wie Habichte um ihre Beute, aber mit einem Charme, den nur Südländer so versprühen können. Ihre Arme sind wie Flügel, die ständig schwingen und jedes Wort mit tragen. Der Mund plappert im Belcanto – ob im Dialog mit den Kollegen, den Gästen oder mit sich selbst. Hier ist Arbeit Freude, die Gaststätte heimisches Terrain. Immer neue Gäste strömen nach, die Gläser Prosecco für die Warteminuten perlen im Minutentakt. Das Geschäft brummt, der Lärmpegel steigt, – und alle scheinen zufrieden. Unterhalten kann man sich schließlich Zuhause. Dafür waren wir mal kurz auf einen Abstecher in Italien. Fellini lässt grüßen. he
Ristorante und Trattoria Al Dente, Alt Nowowes 34, vorbestellen unter Tel.: 0331 97992800