Ein Suchender zwischen den Welten. „Widerständige Bilder“ von Peter Weiss im Filmmuseum

Peter Weiss
Selbstbildnis von Peter Weiss im Jahr 1938

Er fuhr an den Ort, für den er bestimmt war und dem er entkam: nach Auschwitz. Das war 1964. Die Eltern von Peter Weiss erkannten rechtzeitig, dass sie als Juden Deutschland verlassen müssen, um zu überleben. Peter Weiss nahm an den Auschwitz-Prozessen in Frankfurt teil, schrieb anschließend das dokumentarische Theaterstück „Die Ermittlung“. 1965 wurden diese Gesänge über die Hölle auf Erden an 15 Theatern zeitgleich uraufgeführt: einmalig in der deutschen Theatergeschichte. Auch in Potsdam gelangte es auf die Bühne. Peter Kupke, späterer Intendant des Hans Otto Theaters, inszenierte es. Er wird dabei sein, wenn Anfang Oktober anlässlich des 100. Geburtstages von Peter Weiss das internationale Symposium „Ermittlungen“ stattfindet.

Eine Lesung seines Dokumentarstücks „Die Ermittlung“ fand 1965  in der DDR-Volkskammer statt und wurde mitgeschnitten.  Einige dieser Szenen sind in der Foyerausstellung im Filmmuseum  zu sehen, die am kommenden Freitag, den 30. September um 19 Uhr eröffnet wird.

  Die Schau präsentiert nicht nur Materialien zu seinen Filmen und TV-Produktionen. Im Zentrum stehen Peter Weiss‘ Regieskizzen und Werkaufnahmen. Zu sehen sind aber auch persönliche Korrespondenzen, unvollendete Filmentwürfe und wütende Äußerungen zur schwedischen Zensurpolitik in den 1950er Jahren.  Auch seine Frau Gunilla Palmstierna-Weiss kommt in einem Video-Interview zu Wort.

Es gibt eine Vielzahl von Veranstaltungen, die von September bis November an den unbequemen Schriftsteller, Dramatiker, Maler und Filmemacher erinnern, der 1916 in Nowawes geboren wurde: in der heutigen Rudolf-Breitscheid-Straße Babelsberg. Zwei Jahre wohnte er dort, vor seinen Umzügen nach Bremen, Berlin, London, Prag, Zürich und schließlich nach Schweden, wo er von 1938 bis zu seinem Tod 1982 lebte.

Im Potsdam Museum lädt  bis Ende Oktober die Ausstellung „inmitten meiner Bilder“ zu einem Zwiegespräch mit dem Früh- und Spätwerk des Malers ein. Gezeigt werden einige seiner wenig bekannten Gemälde sowie Zeichnungen und illustrierte Textfassungen, ergänzt durch Serien seiner späten Collagen. Da das malerische Hauptwerk von Peter Weiss aus dem Depot in Stockholm gestohlen wurde, ist nur eine begrenzte Auswahl zu sehen. Von Bosch und Breughel, aber auch von surrealistischen Elementen beeinflusst, malte Weiss immer wieder Bilder innerer und äußerer Entfremdung und Verlorenheit.

Peter Weiss wuchs in einer bürgerlichen Welt auf und empfand die Familie oft als Bedrohung. Auch in der Schule blieb der Sohn des Textilkaufmanns und der Schauspielerin ein Außenseiter und galt zeitlebens als der „Unzugehörige“. In Zeiten des Kalten Krieges wurde der hellsichtige Ausnahmekünstler im Osten wie im Westen mehr gelitten als gefeiert.

Malend, schreibend, filmend plädierte der Freidenker und Autor der berühmten „Ästhetik des Widerstandes“ für eine gewaltlose Welt. Er sah aber auch den Egoismus und die Machtbesessenheit der Menschen, die von den Kommunisten in ihrem Heroismus gern ausgeblendet wurden. Als Peter Weiss ein Stück über Trotzki und den Auftragsmord Stalins schrieb, wurde er im Westen von den Linken ausgebuht. In der DDR erklärte man ihn zur unerwünschten Person. Er sollte sein Trotzki-Stück widerrufen. Er ließ sich nicht erpressen. Und erlitt seinen ersten Herzanfall. An der Utopie von einem gerechten Miteinander und von Menschen, die sich widersetzen, hielt er zeitlebens fest. Sein drittes Kind nannte er „Nadja“: die Hoffnung. he

Ausstellung im Potsdam Museum: „inmitten meiner Bilder“ ( noch bis 30. Oktober 2016)

Peter Weiss. Widerständige Bilder – Foyerausstellung und Filmreihe im Filmmuseum (vom 30.9. bis 20.11.2016)

Internationales Symposium der Universität Potsdam im Potsdam Museum (6. bis 8. Oktober 2016)

 

 

 

 

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