Fragen Sie doch mal im Freundeskreis, wer schon mal den Walk of Modern Art in Potsdam erwandert hat?! Sie können sich der skeptisch-bewundernden Blicke sicher sein. Nur die wenigsten werden von diesem „Walk“ wohl schon etwas gehört haben. Vielmehr denkt man als Erstes an den Walk of Fame, der die Promis von Hollywood im Straßenpflaster von L.A. verewigt. Aber in Potsdam? Na ja, es klingt durchaus etwas großspurig, was sich da die kunstbeflissenen Aktivisten um die Beigeordnete Iris Jana Magdowski ausgedacht haben. Man kann diese ambitionierte Idee auch schlicht Skulpturenpfad nennen. Und selbst das ist zurzeit noch recht übertrieben: denn von den 14 geplanten Arbeiten stehen erst vier. Aber immerhin: der Anfang ist getan.
Der Walk of Modern Art zieht sich vom Potsdam-Museum Am Alten Markt die Alte Fahrt entlang bis zum Tiefen See in der Schiffbauergasse. Ein netter Spaziergang über zwei Kilometer mit Blick auf die dunkle Havel – einer kurzen Biege durch die Große Fischerstraße und an der neuen Feuerwache vorbei – unter die Lange Brücke durch … bis hin zu den roten Wedeln des Theaters.
Obwohl die Kunst nur spärlich gesät ist, wird es nicht langweilig: vorbeischwimmende Entenpaare und straff durchziehende Kanuten sorgen für Abwechslung.
Aber zurück zum Anfang:
Wie ein riesiger Schritt, der sich nicht entscheiden kann, in welche Richtung er geht, wirkt die große Stahl-Skulptur „Ambos Mundos“ (beide Welten) von Jörg Plickat. Sie steht gleich hinter dem Potsdam-Museum und ragt in rostiger Haut markant in die Höhe. Das hat Spannung, das hat Kraft, das will befühlt werden. Der Hamburger Künstler ist mit mehr als 60 monumentalen Arbeiten in aller Welt vertreten. Hier, in Potsdam, setzt er den ersten Pflock zum Thema „Weg, Wasser, Landschaft“ ein.
Kurz danach ist man auch schon bei Otto Herbert Hajek und dem „Dynamischen Raumzeichen II“. Es passt punktgenau an den sich im Wasser spiegelnden Platz vis-à-vis der Freundschaftsinsel. Farbedel in Blau und Gold gewährt dieses Raumzeichen überraschende Durchblicke und lässt den Spaziergänger frohgestimmt weiterziehen. Kommt man dann skulpturenlos schließlich in der Schiffbauergasse an, muss man aufpassen, dass man die dritte Plastik nicht verpasst: „Der Große Fibonacci“ von Rudolf Valenta verliert sich trotz glänzendem Edelstahl im Wiesengrün, wo junge Leute Frisbee spielen.
Die Skulptur „Der Krieger“ von dem niederländischen Künstler Armando hat indes die Wucht, auch einen unbegrenzten Raum zu füllen. Es geht in dieser Bronzearbeit zwischen Oracle und VW Design Center um Gewalt und Verrohung, um das, was Menschen Menschen antun. Die grobe Oberfläche offenbart Dellen des Schicksals, die gedungene Haltung der Skulptur die Einschüchterung in Zeiten der Diktatur.
Innehalten sollte man auch vor der Fensterfront des Restaurants „Il Teatro“, wo der Potsdamer Künstler Mikos Meininger die wunderbar frech-erotische Arbeit „Mondnah wie wir“ aufstellen ließ – offensichtlich ohne in den Pfad offiziell integriert zu sein. Seine zwei selbstbewussten Schönheiten sind jedenfalls eine Augenweide für den Flaneur.
Und dann gibt es noch etwas − fast auf dem Weg − worüber man aber eigentlich schweigen soll. Denn dort heißt es: Betreten verboten. Wir haben uns trotzdem hineingewagt in den Innenhof von E.DIS in der Straße Am Kanal. Einfach klingeln und sagen, dass man sich den Nymphen-Brunnen anschauen möchte – und vielleicht wird geöffnet. Wir hatten Glück. Allerdings kann es passieren, dass man drei Minuten später wieder hinaus komplimentiert wird. Das erste Mal traf ich jedoch auf sehr verständnisvolles Wachpersonal und durfte ungestraft schauen, so lange ich wollte. Dieser Brunnen hinter dem Eisengitterzaun ist wirklich ein vital-sprühender Augenzauber, ein herausragendes Beispiel für den Jugendstil. Diese drei tanzenden Mädchen sind ein Werk des Bildhauers Walter Schott (1861 bis 1938) und das Original steht auf dem gräflichen Anwesen der Burg Schlitz in der Nähe von Teterow. Eine der wenigen wohl fünf Kopien nimmt sich trefflich aus im Hof von E.DIS, eine weitere im New Yorker Central Park. Die drei ausgelassenen Mädchen symbolisieren das Temperament, die Schönheit und die Vernunft und man kann sich gar nicht sattsehen an diesem Ausbund der Lebensfreude. Riskieren Sie einen Blick – notfalls durchs Gitter. (jä)
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Da habe ich als Potsdam Kennerin direkt noch etwas dazu gelernt.
Vielen Dank, für die tolle Anregung.