Seine kleine häusliche Welt ist auseinander gebrochen. An den roten Wänden hängen noch Fotos der glücklichen Familie – neben den Kunstdrucken berühmter Maler wie Rothko. Genau jenes Bild, das im Museum Barberini derzeit im Original zu sehen ist (Amerika lässt grüßen). Der Fußboden der großzügigen Wohnung ist indes übersät von leeren Bierbüchsen und zerknüllten Chipstüten. Der Kühlschrank gähnt vor Leere. Nur ein Rest Milch gibt es noch, und der flockt. Der Hausherr schlurft in abgestumpfter griesgrämiger Selbstherrlichkeit durch sein Männerreich: mit langen Loden, Schmierbauch und kurzer Schlafanzughose. Unappetitlich wie sein klebriger Tisch. Mann kann sich gehen lassen.
Seine Kumpels leisten ihm beim Pokern bierselig Gesellschaft. Die einzige Störung in diesem gepflegten Männerchaos sind die Anrufe der Ex, die auf Unterhalt für sich und die Kinder pocht.
Die Handlung dieser kammerspielartigen Komödie von Neil Simon ist durchaus aktuell: Das Singledasein hat Hochkonjunktur, getrennte Familien, wohin man schaut. Das diesjährige Sommertheater im Gasometer des Hans Otto Theaters greift mit „Das seltsame Paar“ also ein Stück mit langlebigem Gebrauchswert auf, auch wenn es etwas an auffrischender Politur fehlt.
Es geht um zerrüttete Familien und der vielbeschworenen Männerfreundschaft. Regisseur Niklas Ritter versucht dabei nicht, das berühmte Original des US-amerikanischen Spielfilms von Regisseur Gene Saks aus dem Jahr 1968 mit dem Komikerduo Jack Lemmon und Walter Matthau zu kopieren. Raphael Rubino als Hauptfigur Oscar scheint eher einem Film der Brüder Coen entsprungen zu sein. Wie ein ausgewrungener Waschlappen wirkt dieser Fleischkoloss: ohne geistige und körperliche Spannkraft. Bis er mit seinem besten Freund Felix die Wohnung teilt – auch er nun von seiner Frau verlassen. Da muss man doch zusammenhalten. Doch Felix ist aus einem anderen Holz geschnitzt: aus einem dem weiblichen Geschlecht zugeschriebenen. Er kocht, putzt und scheuert, wo er geht und steht und nimmt es mit der besten Hausfrau auf. Kein Rand vom Glas wird auf dem blank geputzten Tisch geduldet. Dagegen gibt es doch wohl Untersetzer. Jon-Kaare Koppe bindet sich die Schürze um und füllt die Rolle des weichgespülten Mannes unterwürfig und dauernervig aus. Will man so einen Mann als Mann? Da wird selbst eine unverwüstliche Männerfreundschaft, die sich allerdings aufs Pokern, Saufen und Witzeln reduziert, weggeputzt. Geschlechterklischees? Aber klar. In Fülle. Die Frauen sind vor allem am Telefon zu vernehmen: schrill und wild polternd oder aber als gurrend-säuselnde Liebestäubchen zum Nachtisch.
Die regenverhangene Sonntagsvorstellung im Gasometer nimmt nach einem etwas behäbigen Poker-Rap durchaus pointenreich Fahrt auf und vereinnahmt streckenweise mit spritzigen Dialogen. Die szenischen Einfälle im Gasometer-Rund setzen nicht auf billige Schenkelklopfer, sind aber auch nicht von berückender Raffinesse. Es fehlt an Reibung. Auch Niklas Ritter kam offensichtlich nicht an der leiblichen Fülle Rubinos vorbei, die immer wieder so gern in Szene gesetzt wird. In seiner Regie wird der Bauch des Schauspielers nun zur Trommel. Na ja. Auch die durchaus gekonnt dargebotenen Musikeinlagen bringen das Ganze nicht unbedingt auf rasante Komödien-Tour. Die beste Würze kommt aus der Küche. Auch wenn der Braten am Ende verkohlt. he
Karten gibt es noch für folgende Vorstellungen: am 1., 3., 7. und 9. Juli, jeweils 21 Uhr
Weiteres unter www.hansottotheater.de