„Wo ist denn Deine Bäuerin?“, fragt unser Enkel den stämmigen Bauern, an dem nur der zottelige Hund an seinem Bein sympathisch dreinschaut. Die Bäuerin ist ihm offensichtlich abhanden gekommen, ebenso wie seine Kühe und Hühner, mit denen er im Internet geworben hat. Der Stall steht leer, frische Milch gibt es nur auf dem Bauernhof zwei Kilometer entfernt. Wir hatten dennoch unseren Urlaubsspaß: am uckermärkischen Mellensee, obwohl wir uns regelmäßig des Bauern Tiraden über die schrecklichen Urlauber aus Berlin anhören mussten. Sein Nachbar kam auch nicht besser weg. Offensichtlich fehlte diesem Poltergeist schon länger die Frau. Das war im vergangenen Jahr. Wir fuhren in diesem Jahr wieder in die Uckermark: wieder an den Mellensee – allerdings an einen anderen. Die Uckermark hat zwei davon, beide in der Nähe von Lychen.
Diesmal schauten wir in der heimischen Internetsuche nicht nach einem Bauernhof, sondern nach einer Unterkunft mit Fußballplatz. Denn unser Enkel ist der Streichelzoo-Phase entwachsen. Wir hatten Glück: Es gab nicht nur zwei Tore, sondern auch Rutsche und Buddelkasten für unsere einjährige Enkelin. Gleich der erste Abend verhieß Romantik. Gemeinsames Grillen und Lagerfeuer am Ufer des Sees waren in dem kleinen Camp mit den weit auseinander stehenden Holzhütten angesagt. Wir setzten uns erst dazu, als die Kinder schliefen und das Feuer fast niedergebrannt war. Also legten wir ein paar Holzscheite nach, die um die Ecke aufgetürmt lagerten. Und prompt erhielten wir unsere erste Rüge: „Wenn hier einer nachlegt, bin ich das!“, türmte sich der aus der Dunkelheit anmarschierte Verwalter vor uns auf. Ein Wunder, dass er nicht gleich zu einem Wassereimer griff und die Flammen erstickte. Am nächsten Morgen betrachtete er uns – die rüpelhaften Neuen – erst einmal im Hellen und kündigte quer über das Marmeladenbrötchen an, dass wir das Holz zu bezahlen hätten. So sind sie also: die Uckermärker. Es gibt natürlich auch andere. Das weiß ich genau. Denn ich bin selbst eine. Und ich freue mich trotz griesgrämiger Eigenbrötler immer wieder auf dieses Land der Stille, das mit seinen sanften Hügeln an die Toskana erinnert – und nur eine gute Autostunde von Zuhause entfernt ist. Wen es hierher verschlägt, wird zur Erholung gezwungen: Man versinkt im Funkloch und nur die tschilpenden Schwalben am Hausdach durchbrechen die Ruhe. Die Pilze wachsen fast bis in die Pfanne, die Füße sind von Wasser umspült, auf der weiten Wiese leuchten rote Äpfel am Baum, die Katze jagt die Maus zum x-Mal um die Kräuterspirale … Das einzige, was den Puls höher schlagen lässt, sind unsere wilden Spiele: „Hand aufs Herz“ oder „Pinguine aus Madagascar“, die den Traditionalisten Mensch ärgere Dich nicht, Rommee und Canasta inzwischen den Rang ablaufen. Am Ende sind wir auch mit dem Verwalter versöhnt, in dessen hofeigenen Konsum jeder ganz eigenständig seine Bio-Milch, das Strauß-Steak oder die Flasche Wein an der Kasse des Vertrauens bezahlen kann. Und die 5 Euro fürs „geklaute“ Holz legen wir natürlich gern dazu. Uckermark: Wir kommen wieder! (he)
Mehr zu unserem Camp in Brennickenswerder unter www.ferienhaus-park.de