Für mich ist es der Ort mit der schönsten Aussicht. Gern steige ich die Stufen der schmalen Wendeltreppe hinauf, um hoch oben vom Belvedere auf dem Pfingstberg in Potsdams Seenlandschaft einzutauchen.
Wer sich in dieser Woche zu diesem Aussichtsschloss begibt, wird gleich doppelt belohnt. An drei Abenden gastiert dort das internationale Wandertheater Ton und Kirschen mit seiner hoch gelobten Bulgakow-Inszenierung „Hundeherz“.
Es lässt mitten in den lauschig-warmen Sommerabend hinein Schnee rieseln. Der Besucher wird in einen Moskauer Winterabend anno 1924 versetzt. Dort lockt ein Herr im Pelzmantel den halbverhungerten Straßenhund Sharik mit einem Wurstzipfel zu sich nach Hause. Diese zwielichtige Gestalt führt nichts Gutes im Schilde: Der Herr Chirurg pflanzt Sharik Organe eines Menschen ein und will ihn zum gesellschaftstauglichen Subjekt erziehen. Doch die Natur schlägt zurück und der Hundemensch wird zur unerträglichen Plage für „Doktor Frankenstein“. Die Organe stammten von einem kürzlich verstorbenen Alkoholiker und Kleinkriminellen. Diese herrlich bizarre Groteske aus dem Jahr 1925 ist für die bunte Truppe Ton und Kirschen der ideale Stoff, um daraus einen turbulenten und prallen Theaterabend zu nähen: mit Marionettenspiel, Musik und natürlich geschliffener Schauspielkunst.
„Hundeherz“ wurde nach seinem Erscheinen wegen unverkennbarer allegorischer Anspielungen verboten. Erst 1987 konnte die Erzählung in der Sowjetunion erscheinen. Der Autor schont darin niemanden, alle erscheinen im demselben grellen Scheinwerferlicht. Ein gefundenes Fressen für das bewährte Regie-Duo Margarete Biereye und David Johnston. (he)
Ton und Kirschen spielen am 12., 13. und 14. August, jeweils um 20 Uhr, auf dem Pfinstberg die Bulgakow-Groteske „Hundeherz“. Eintritt kostet 17,70 Euro / erm. 14,40 Euro
Weiteres unter www.pfingstberg.de und www.tonundkirschen.de