Auf den Froschkönig am Hans Otto Theater müssen wir verzichten, auch auf Frau Holle im T-Werk, und auf den Kleinen Prinz vom Poetenpack ebenso. Adventszeit – Märchenzeit?! Nix da. Jedenfalls nicht im Theater. Die Vorhänge bleiben unten. Kulturhungrig wie wir sind, suchen wir nach Nischen, die uns trotz allem mit der Kraft der Fantasie füttern. Zu den wenigen Brosamen in dieser ausgedörrten C-Landschaft gehören die Bilder in der Sperl Galerie, die neue Werke ihrer altbekannten Künstlerschaft feilbietet. Denn ja, wer verkauft, darf weiterarbeiten.
Und so gibt es wenigstens Märchenhaftes auf Leinwand und Papier – und mittendrin in Ton geformt das Schneewittchen: Stolz und schön lässt sie sich von den kleinen liebeshungrigen Zwergen besteigen. Sie haben es schwer an diesem Fels in der Landschaft, wirken verloren – wie wohl viele in dieser Zeit. Eine typische Rainer-Sperl-Plastik: spitzbübisch, hintersinnig, kraftvoll und mit menschlichem Maß gemessen. Das Schneewittchen empfängt kokett und abgeklärt den Besucher in der Schopenhauer Straße. Auch um es herum wird munter fabuliert, phantasiert, sinniert. Wie bei dem vollmundigen Geschichtenerzähler Malte Brekenfeld in seinem Kleinstadtmärchen, in dem man es aus allen Ecken wispern und säuseln hört. Da kommt Astrid Germos in sich versunkene Frau nur so ins Grübeln. So sieht er aus, der „Corona-Blues“.
„Keep smiling“ hält Sybille Junge dagegen und reiht ihre farbenfrohen Fassaden wie eine Lichterkette aneinander. Sturzgefährlich. Auch sie kommen ganz schön ins Schwanken, obwohl sie sich aneinander drängen und sich in ihr Spiegelbild fallen lassen. Eberhard Marx spinnt indes Grimms Märchen munter weiter, erzählt von „Rotmaskchen und der Wolf“. Hier, im Jahr 2020, ist das Rotkäppchen ihrer Kappe längst entwachsen, zeigt sich stattdessen mit roter Maske, selbstbewusst und mit Sexappeal. Doch der Wolf an ihrer Seite schaut uns fragend an: Was wird mit dieser Welt? Er weiß, was es heißt, vom Aussterben bedroht zu sein.
Bleibt zu hoffen, dass unter den vielen Zutaten im brodelnden Kessel von der „Kleinen Hexe“ Malte Brekenfelds das richtige Kraut dabei ist: gegen Corona-Blues und verordneter Kulturabstinenz. Im Moment fühlen wir uns wie Birgit Borggrebes Pferd, das in berührender Melancholie mit hängendem Kopf durchs kalte Wasser trabt. Doch wohin?
Mein nächster Ausflug in die Kultur wird mich in die „Gute Stube“ des Potsdamer Kunstvereins zu Peter Rohns Küchenrollenbilder führen und in die ae-Galerie zu den
. Dort dürfen 26 Maler, Grafiker, Fotografen und Plastiker, eben die Bildenden Künstler, die Fahne hoch halten, während ringsherum alles in Stille versinkt. Halleluja! (he)Die Ausstellung in der Sperl Galerie, Schopenhauer Straße 27, ist bis Sonntag, dem 20. Dezember, zu sehen und wird ab 16. Januar 2021 fortgesetzt. Geöffnet ist Mittwoch bis Freitag von 12 bis 18 Uhr, sowie Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr.
Die Ausstellung in der ae-Galerie, Charlottenstraße 13, ist bis 22. Dezember zu sehen: Mittwoch bis Freitag von 15 bis 19 Uhr und Samstag 12 bis 16 Uhr.
Die Gute Stube in der Charlottenstraße 121 zeigt Peter Rohns Arbeiten bis zum 11. Januar 2021. Geöffnet ist Sonnabend und Sonntag 15 bis 18 Uhr, Montag 10 bis 14 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung: 01573-2644646.