Laut, schrill, immer nackig und etwas eklig. „Familiengeschäfte“ ohne Biss

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Das Hans Otto Theater präsentiert eine zahnlose Gesellschaftskomödie

Herr Wellemeyer bleibt sich treu. Wenn er eine Komödie in die Hand nimmt, weiß der Besucher, was ihn erwartet. Es wird laut und schrill, immer nackig und etwas eklig. Auch bei Alan Ayckbourns „Familiengeschäfte“, die der Chef des Hans Otto Theaters am Samstag zur hauseigenen Premiere brachte, gab es Geschrei und Klamauk und jede Menge Blut. Also viel Lärm um Nichts?

Nein, so kann man es nicht sagen: Das Stück um Lügen, Bestechung und Familienbande ist durchaus aktuell. Es zeigt den leise und allmählich um sich greifenden Werteverfall, wie Aufrichtigkeit und Vertrauen erst klammheimlich und schließlich mit Pauken und Trompeten den Bach runtergehen – und Blut dabei dicker ist als Wasser. Eine kleine Lüge bläst sich auf zu einer dicken Blase, angetrieben von der Gier nach dem schnöden Mammon.

Mir nichts, dir nichts greift diese Krake auch nach der moralischen Instanz Jack, der den dümpelnden Familienbetrieb wieder auf Vordermann bringen will. Doch das ganze Unternehmen steckt bereits so tief im Sumpf, dass es auch ihn fast im Vorbeigehen mit hinabzieht. Jon-Kaare Koppe spielt diesen Jack mit wunderbarer Natürlichkeit, so dass man es spürt: dieses innere Aufreiben, das Zerrissensein. Auch seine Frau Poppy und Tochter Samantha bekommen im Spiel von Andrea Thelemann und Nina Gummich greifbare Konturen. Und Melanie Straub legt als Psychopathin, die sich dem Essen und damit ihrem ewig kochenden und kauenden Ehemann verweigert, ein Solo brillanter Exhaltierheit aufs Bühnenparkett, der man aber gern auch tiefer in ihre Abgründe gefolgt wäre. Ansonsten verkommen die Figuren zu Karikaturen, wie Jeffs Bruder Cliff (Philipp Mauritz) oder Roy, der widerliche Privatdetektiv (René Schwittay), der sich wie eine Ratte in der Kloake suhlt. Eddie Irle hat die besondere Aufgabe, die verschiedenen Rivetti-Brüder als Mafiosi-Partner des Familienunternehmens zu spielen: entweder kurze Brocken Italienisch einstreuend oder sich mit seiner Nacktheit im Schrank zu verstecken – wobei die Tür gar nicht oft genug geöffnet werden kann – um ihn immer mal wieder in neuer Pose von hinten und vorne zu bestaunen. Einfach nur überflüssig!

Bis zur Pause hatte die laut polternde Inszenierung wenigstens noch ein flottes Tempo, das dann aber zum Ende hin im matten Überdruss dahin dümpelte. Die Schauspieler zeigten einmal mehr, was in ihnen steckt – oder was ihnen vorenthalten wird. So blieb die Inszenierung schablonenhaft und eine typische Wellemeyer-Komödie. Das ernsthafte Fach liegt ihm mehr!  Nur einen Moment gab es, wo mein Herz kurz stockte: Als Nina Gummich als mordende Tochter wohl selbst erwägt, das Messer in sich hinein zu stoßen. Ein stummer Schrei innerer Leere. (he)

Die nächste Vorstellung ist am 23. Dezember um 19.30 Uhr.

Weitere Infos unter www.hansottotheater.de

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