Märchenhaft schön – „Nathan der Weise“ in der Französischen Kirche

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Jude und Muslim werden Freunde: Teo Vadersen spielt den reichen und weisen Nathan (r.), Martin Molitor den offenherzigen Sultan Saladin.                 Foto: Poetenpack/Constanze Henning

Dieser Ring ist von feinstem Schliff, facettenreich schillernd, rund und märchenhaft schön. Teo Vadersen lässt als Nathan der Weise jedes Wort aus der Ringparabel vorsichtig im Mund zergehen. Nachdenklich streicht er seinen Bart, tastet sich vor wie eine Katze um den heißen Brei. Er lässt sich Zeit, wägt ab und lässt blitzgescheit eine Geschichte entstehen, die zutiefst ergreift: Die Geschichte des Vaters und seiner drei streitenden Söhne, die gleichnishaft für die sich streitenden Religionen in der Welt steht. Welche nun ist die wahre?

Die meisten Zuschauer, die dicht gedrängt um die Bühne in der Französischen Kirche sitzen, kennen Lessings Lehrstück sicher noch aus der Schule. Doch wenn sie wie in der Inszenierung von Andreas Hueck und in dem blutvollen Spiel Teo Vadersens so plastisch vor Augen geführt wird, ist sie wieder ganz neu: zupackend und hoch aktuell. Dieser Jude Nathan hat Schlimmes erlebt und sich doch das Wichtigste bewahrt: seine Menschlichkeit.→ weiterlesen

Vom Kino zum Kulturpalast – das Scala in Werder sucht Unterstützer

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Es zieht wieder Leben ein: in das einzige Kino Werders. Es gibt eine Spendenaktion für das Wiederbeleben des „Scala“. Foto: Scala

Mein letzter Scala-Besuch ist zwei Jahre her – und unvergessen. Es war kalt draußen und trist und ich schaute mit einer Freundin den Schwarz-Weiß-Film „The Artist“. Er erzählte vom Niedergang des Stummfilms und passte bestens zu dem abgewirtschafteten Kino in Werder. Die Heizung hatte sich gerade verabschiedet, wir zogen unsere Jacken immer fester um die Leiber. Die Kälte von draußen zog auch durch die Stuhlreihen und unsere Zähne klapperten. Wir teilten den muffig riechenden Raum mit vier weiteren tapfer durchhaltenden Besuchern, die an dem pappigen Popcorn knabberten. Dennoch liebe ich dieses alte Kino mit dem maroden Charme, das nun als „Kulturpalast“ wiederbelebt werden soll.→ weiterlesen

Wilde Flammen – Unidram entzündet am 3. November sein Festivalfeuer

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Ein Tiger, eine Wüste, ein Krieg. „Plastic Heroes“ des israelischen Puppenspielers Ariel Doron ist eine grotesk in Szene gesetzte Mobilmachung gegen Gewalt.  Es wird u.a. am 5. November um 19 Uhr im Museum FLUXUS+ gezeigt.

Wenn es draußen schmuddelt und die Kälte nasskalt in den Körper steigt, ist Festivalzeit. Unidram schlägt in der Schiffbauergasse seine Zelte auf und heizt mit einem hell lodernden Theaterfeuer kräftig ein. Es ist indes kein Feuer, an dem es nur wohlig zugeht. Die Funkenflüge treffen oft mitten ins Herz, wühlen auf, verstören. Es ist junges, es ist leidenschaftliches und oft auch politisches Theater, das hier auf Einladung des T-Werks gastiert. Sie kommen von überall her, die Puppenspieler und Musiker, Schauspieler und Bühnenbildner. Sie sprechen andere Sprachen und reden doch mit einer Zunge: mit der der Toleranz und Achtsamkeit. Diese experimentierfreudigen, oft wild und wütend um sich schlagenden Fantasie-Poeten verdienen Gehör. Denn sie stiften durch ihre unabgenutzten Bilder, mit der sie die Bühne tränken, auch in uns neue Gedanken.→ weiterlesen

Harry Mohr, der Glücksbeschwörer. Eine Ausstellung im Kunstraum

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Harry Mohrs „Der Auftrieb der Seele“, 1995

Seine Linien- und Kreislabyrinthe entführen auf eine weite Reise der Fantasie. Wer sie betritt, findet immer neue Wege und Abzweigungen, die mit warmer Poesie frohlocken. Harry Mohr war ein Träumer, ein Hoffender, der mit seinem Malstift das Glück beschwor. Vor einem Jahr ist der Potsdamer Künstler gestorben, gerade mal 64 Jahre alt. Im Kunstraum wird ab Donnerstag mit einer Ausstellung an ihn erinnert.→ weiterlesen