Unverstellte Blicke. Drei Frauen blicken im Kunst-Geschoss Werder „Bis zum Horizont“

Auf dem ersten Blick wirkt in der Ausstellung im Werderaner Kunst-Geschoss alles leicht und luftig. Wolkengebilde ziehen gelassen über Leinwände, in der Mitte des Raumes stehen mit Wasser gefüllte Plastikbecher, auf denen ein Boot „balanciert“. Die Ausstellungsbesucher bahnen sich vorsichtig ihren Weg um das fragile Gebilde. Unter der Überschrift „Bis zum Horizont“ haben sich drei Berliner Frauen aufgemacht, weiter zu schauen, tiefer zu blicken. Auch hinter dem Horizont geht ihre Reise weiter. Von dem Künstler Frank W. Weber spannungsschürend kuratiert, sorgt die kleine Stadtgalerie derzeit für anregenden Gesprächsstoff.

Vor allem die Arbeiten von Gudrun Fischer-Bomert ziehen sofort in den Bann, sie sind politisch aufgeladen, ohne sich vordergründig zu exponieren. Am Rande der Vernissage erzählt die Künstlerin, wie sie im vergangenen Jahr von den Folgen der Explosion einer Ölplattform in Mexiko aufgewühlt wurde. Die Bilder von toten, mit schwarzer Ölkruste verschmierten Fischen und Vögeln wurde sie lange nicht los. Bis sie die Idee hatte, mit einem Erdölprodukt, den Plastikröhrchen, zu arbeiten. Die Schwere wendet sich bei ihr zur Leichtigkeit, in zarte zerbrechliche Wesen. Weiße Trinkröhrchen hinter Glas wirken wie anmutige Reliefs.

Morbid. „Kinky Coat“ von Gudrun Fischer-Bomert

An einer schwarzen Wand hängt ein weißes Kleid mit blutroten Licht-Sprengseln, ebenfalls aus unzähligen Trinkröhrchen geschneidert. Es erinnert an liturgische Messgewänder und heißt „Kinky Coat“, verworrenes Fell.
Eine sehr berührende Arbeit. Darunter steht ihr Boot aus Papier, überzogen mit kartografischen Linien. Sofort denkt man an die
Boatpeople, an Menschen, die aus Verzweiflung den Aufbruch wagen.

Die filigranen Bleistiftarbeiten von Marion Angulanza behaupten sich indes durch ihre grafische Struktur. Die Künstlerin versenkt sich geradezu in Linien, Wölbungen und Schraffuren der Natur. Um so weiter sich der Betrachter von ihren Zeichnungen entfernt, umso plastischer treten die Details hervor. Ihre Waves“ (Wellen) scheinen geradezu aus dem Bilderrahmen herauszuschwappen.

Kirstin Rabe hat sich das kindliche Staunen bewahrt. Wie auf einer Wiese liegend, erkennt sie die vorbeiziehenden Wolkentiere, die der Fantasie auf die Sprünge helfen. Aber

Porös. Kirstin Rabes „Gletschermilch“

auch Flüsse haben es ihr angetan. Manche sind ausgetrocknet, andere treten über die Ufer. Die Künstlerin ergründet ihre unterschiedlichste Farbigkeit. Aus Tageszeitungen und Baumwollzellstoff riss sie unzählige Blätter heraus, presste sie zu feinen Verläufen und zauberhaften Strukturen zusammen.

Filigran. Marion Angulanzas „Seeufer“

Die Ausstellung vereint drei Frauen, die auf dem Künstlerhof Berlin-Frohnau zusammenarbeiten und sich das Wundern und Verbundensein bis zum Horizont und weiter bewahrt haben. „Nun, die Einen fahren gerne ans Meer und lieben den weiten Blick in die Ferne, wo das Meer den Himmel berührt. Andere lieben das Gebirge, das uns den Blick verstellt und uns reizt, erklommen zu werden, zu sehen und zu erleben, was dahinter zu sehen ist. Und wiederum Andere haben den Horizont im klassischen Sinne verlassen und wollen wissen, was uns im Universum erwartet. Eines ist immer gewiss, es geht Stück für Stück voran, getragen von menschlicher Neugierde und immer neuen Erkenntnissen“, sagte Frank W. Weber zur Vernissage. he

Die Ausstellung im Kunst-Geschoss Werder, Uferstraße 10, läuft bis zum 3. November 2024, immer Donnerstag, Samstag und Sonntag von 13-18 Uhr. Eintritt ist frei.

Der Künstler Frank W. Weber zeigt noch bis kommenden Sonntag, den 29. September, von 12 bis 18 Uhr im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ in Potsdam seine eigenen Arbeiten. Zu sehen sind 102 Holztypendrucke, konstruktivistische Malerei, Assemblagen und Objektkunst. Sonntag ab 14 Uhr wird er persönlich in der Hermann-Elflein-Straße 3 anwesend sein.

 

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