Kontrastreich. Zweimal Großstadt Berlin. – Neue Ausstellung in der Liebermann-Villa am Wannsee

Der Himmel legt sich wie eine leichte Decke über den sattgrünen Rasen am Fuße der ausladenden Terrasse. Birken am Wegesrand und Segelschiffe am Horizont bilden den Rahmen dieses Gemäldes, in dem wir an diesem herrlichen Sonnentag Platz nehmen. Kein Wunder, dass Max Liebermann an diesem Ort der Ruhe seine Inspiration zum Malen fand. Derzeit ist in der Villa am Wannsee die Sonderausstellung „Max Liebermann und Lesser Ury – Zweimal Großstadt Berlin“ zu sehen.

Max Liebermann, ein in Berlin geborener Jude, hatte eine Schwäche für das Grün. Der Tiergarten, der sich in direkter Nachbarschaft seiner Wohnung befand, bot für ihn die perfekte Kulisse. Und so flanieren in Weiß gekleidete Frauen durch seine Parklandschaften oder spielen Kinder auf dem Rasen. Idylle pur. Von der Hektik der Großstadt keine Spur.

Max Liebermann: Blick Königsplatz und Siegessäule, 1897, Foto: Fotostudio Bartsch

Im Alter von 62 Jahren lässt sich Max Liebermann die Villa am Wannsee bauen – ein Sommerhaus, ein Kleinod, und nach Machtergreifung der Nationalsozialisten auch ein wichtiger Rückzugsort. In der Villa allein malt Liebermann 200 Gartenbilder. Ein Teil davon ist heute im Obergeschoss ausgestellt. Es müssen auch herrliche Sommer gewesen sein, die er hier, in „seinem Schloss am See“ mit seiner Familie verbrachte. Die Bilder strahlen Wärme aus – und Leichtigkeit.

Lesser Ury: Café König bei Nacht, © Galerie Ludorff, Foto: Achim Kukulies

Eine Leichtigkeit, die man bei Lesser Ury vergebens sucht. Auch er malte Berlin, doch nicht die Gärten und Oasen der Ruhe, sondern das geschäftige Berlin, das pulsiert, das in Bewegung ist. Der Maler, der selbst am viel frequentierten Nollendorfplatz zu Hause war, interessierte sich für die moderne Großstadt. Vor allem die Szenen bei Nacht prägen sich ein. Die Scheinwerfer, die sich auf dem von Regen durchnässten Asphalt spiegeln. Autokolonnen. Hübsch gekleidete, vorbeieilende Frauen unter Regenschirmen.

Zu Lebzeiten wäre eine gemeinsame Ausstellung der beiden Maler nicht denkbar gewesen. Anfangs erkannte Liebermann das Talent des jüngeren Ury durchaus und förderte ihn, doch dann kam es zum Bruch der beiden Künstler: Ury behauptete, dass die Lichteffekte in Liebermanns Meisterwerk „Flachsscheuer in Laren“ (1887) von ihm, Ury, gemalt worden seien. Das kam bei dem 14 Jahre älteren und sehr angesehenen Liebermann gar nicht gut an. Fortan behinderte er Urys Karriere, wo er nur konnte. Erst nachdem Liebermann 1913 als Vorsitzender der Berliner Secession zurücktrat, konnte Ury dort regelmäßig ausstellen.

Traumhafter Blick in den Garten und auf den Wannsee.

Nun sind beide Künstler in einer kleinen, feinen Ausstellung in der Liebermann-Villa am Wannsee vereint. Die unterschiedlichen Blickweisen auf die Großstadt sind so besonders gut zu erkennen. Doch nicht nur die Ausstellung, sondern auch die Villa mit ihrem traumhaften Garten ist immer wieder einen Besuch wert. Und so verlassen auch wir nur ungern diese grüne Oase, um uns in die stickige S-Bahn zu setzen, die uns zurück in den Alltag nimmt.  (so)

Die Ausstellung läuft noch bis zum 26. August.

Mehr Infos gibt es hier.

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