Auf der Suche… Balbina erfüllt den Nikolaisaal

Gastbeitrag von Annika Beyer

Wie so oft, kaufte ich die Karten für das Konzert von Balbina auf Verdacht und aus Vertrauen auf die Nikolaisaal-Auswahl, mit der ich bisher immer sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Die deutsch-polnische Künstlerin war mir bis zur Programmheftrecherche tatsächlich gänzlich unbekannt. Umso größer war der Aha-Effekt dann am Samstagabend. Balbina, die in der Musikszene allerdings schon längst kein Geheimtipp mehr ist, schließlich war sie 2015 mit Herbert Grönemeyer auf Tour und zuvor als Bina im Berliner Raum schon recht erfolgreich in den Clubs, scheint nur mir unbekannt zu sein. Der Saal war gefüllt mit Fans jeden Alters.

Und auch mich packte die Musik schnell. Balbina vereint deutsche Wortakrobatik, gepaart mit emotionsgeladener Musik und einer Stimmgewalt, die vor allem auch durch den Ambitus beeindruckt. Auch wenn ihre Stimme am Samstag hier und da etwas angeschlagen schien, war sie an den richtigen Stellen so sehr auf dem Punkt, dass einem der Atem stockte. Das Filmorchester Babelsberg unter der Leitung von Scott Lawton überzeugte und machte seine Professionalität im Zusammenspiel mit der Gast-Band (Klavier, Gitarre und Schlagzeug) noch einmal deutlich, indem es kleine Unstimmigkeiten in der Geschwindigkeit spielend wieder ausglich. Der Sound war groß und ebenso präsent wie Balbina selbst, die mit jedem neuen Lied noch einen drauf setzte und das Publikum mit in die Tiefen und Höhen riss.

Balbina singt keine Lieder über Liebe aber dennoch berühren ihre Wortkombinationen, weil sie so einfach und doch tiefsinnig und allgemeingültig sind. Sie gehen uns alle an und jeder findet sich in irgendeiner Form darin wieder. Es geht um das Suchen, nach dem Sinn, dem Glück, dem Detail, dem einen Grund, der Zeit, nach sich selbst.

Balbinas Kunst macht also nicht nur der Stimmumfang oder die kunstvollen Outfits aus, sondern in erster Linie die Texte, die in der Mischung und Anwendung sehr komplex, bedeutungstief und auch ‚wortwitzig‘ sind und dazu aufrufen genau hinzuhören. Zu Beginn war das gar nicht so leicht, da das Orchester hier und da etwas zu dominant, teilweise einige Textzeilen überrollte.

An diesem Punkt wurde ich erstmals auf die Gebärdensprachdolmetscherin Laura Schwengber aufmerksam, die diesem Konzert das I-Tüpfelchen aufsetzte und uns über die ersten unverständlichen Zeilen half: An Ihrem Körper, in ihrer Bewegung und ihrem Gesicht konnte ich nicht nur die Töne, sondern auch jede Textzeile Balbinas erkennen und ja tatsächlich fühlen. Nicht zuletzt war ihre körperliche Interpretation der Musik und der Texte ein Grund, warum ich mit diesem Konzert zu einem Balbina-Fan wurde. So ging ich, trotz fehlender Zugabe, die alle im Saal vergeblich versuchten zu erklatschen, mit einer CD in der Tasche, glücklich nach Hause.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert