Wodka, Herz und Seele – 44 Leningrad feiern ausgelassen ihre 25 Jahre

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Im Rausche der Nacht.

Es ist kein Abend, der an Tanzen denken lässt. Die Bilder aus Paris machen fassungslos. Tränen des Entsetzens und der Ohnmacht laufen übers Gesicht. Wir sitzen niedergedrückt in unseren Sesseln, können nicht fassen, was uns da an Grausamkeit ins Wohnzimmer flimmert. Junge Leute, die nichts als feiern wollen, werden blindlings niedergeschossen. Von anderen Jugendlichen.

Und dann ist da die Verabredung: 44 Leningrad spielen am Samstagabend im Freiland. Hingehen, die Fernsehbilder einfach abschütteln?

Diese wilde Truppe aus Potsdam steht seit 25 Jahren für ausgelassene Fröhlichkeit und ungezähmten Freigeist. Für „Russian Speed Folk“. Wir werfen uns hinein in die Geburtstagsparty. Trotzdem. Und werden aufgesogen, getragen von einem engen Miteinander. Hoch lebe der Wodka und das Herz, die Seele Russlands umfängt uns von der schönsten, unbekümmerten Seite. Der Rote Stern in der Bühnendekoration ist zwar durchlöchert – so wie die Welt,  doch diese Musiker halten zusammen: auch die, die inzwischen die Band verlassen und andere Wege gegangen sind. Sie kehren als Gratulanten zurück. Und so ist es ein Fest mit hellem Trompetenglanz, jauchzend-singender Klarinette, schluchzend-lachendem Akkordeon und Gitarren, die alles geben, was die Saiten zulassen. Bandsänger Theo ist heiser und krächzt auf dem letzten Loch. Er singt unverdrossen weiter in die rauchgeschwängerte Nacht. Jule springt ihm soprankräftig zur Seite, auch sie eine „Ehemalige“, die ebenso wie Urgestein Göran Gnaudschun euphorisch umjubelt wird.

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Göran Gnaudschun (r.) gehörte mit zu den Gratulanten. Er war Mitbegründer von 44 Leningrad. Die Russen begleiten ihn weiter in seiner Fotografenlaufbahn.

Die Zuschauer erkämpfen sich im dichten Gedrängel ihren Platz, jeder hüpft mit. Manche werfen im Kasatschok ihre Beine in die Luft. Lachende Gesichter, entfesselte Körper: auf und vor der Bühne. Auch Kinder und Eltern der jubilierenden Havelkosaken sind dabei. Eine große Familie um Ullli, Yeti, Romu, Matze und Theo, die sich aufs Feiern versteht. So soll es sein. So muss es sein.

Und doch lassen sich die Bilder der Toten von Paris nicht niedertanzen.  (he)

Am 4. Dezember spielen 44 Leningrad im Casino in der Pappelallee 8/9, dem Studentenklub der Fachhochschule.

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