Mit dem Kultursegler ins Jahr 2019

Vor 3,5 Jahren stach der Kultursegler in See, durchschippert seitdem die Potsdamer Kunst- und Kulturszene und recherchiert, was es am Wegesrand zu entdecken gibt. An Inspiration und Themen mangelt es bis heute nicht, aber es fehlt häufig Zeit und Muße, all das einzufangen und aufzuschreiben. Nichtsdestotrotz wollen wir auch 2019 die Kulturgewässer durchkreuzen und immer mal wieder anlegen.

Um kulturvoll ins neue Jahr zu starten, möchten wir euch unsere Highlights für 2019 vorstellen. Kulturereignisse, die ihr nicht verpassen solltet!

Picassos Frauen in Potsdam

Ausstellung im Museum Barberini vom 9. März bis 16. Juni 2019

Vor einem Jahr habe ich mir nach dem Besuch des Picasso-Museums in Malaga ein Buch über den dort geborenen Maler gekauft: „Leben mit Picasso“, geschrieben von Françoise Gilot. Die Autorin war über 10 Jahre Picassos Gefährtin, Mutter seiner Kinder Claude und Paloma und die einzige Frau, die den Maler von sich aus verließ. Da Gilot in ihrem Buch nicht nur über Picasso als Maler schrieb, sondern auch über seinen Umgang mit Frauen, und davon gab es viele in seinem Leben, versuchte dieser die Veröffentlichung des Buches zu verhindern. Ohne Erfolg. Und so können wir unter anderem Sätze von ihm nachlesen wie „Jedes Mal, wenn ich eine neue Frau nehme, sollte ich ihre Vorgängerin verbrennen. Dann wäre ich sie los“. Klar, dass man sowas nicht gern veröffentlicht sieht.

Gilots unmittelbare Nachfolgerin an Picassos Seite war Jacqueline Roque, eine Keramikverkäuferin im südfranzösischen Vallauris, wo er mit Françoise Gilot hingezogen war. Jacqueline war nach Françoise die zweite Ehefrau Picassos und auch seine letzte. Von ihr schuf Picasso mehr als 400 Portraits. Damit gehört sie zu seinen meist dargestellten Modellen.

Eben diese Portraits werden ab März in Potsdam zu sehen sein. Die Ausstellung im Museum Barberini widmet sich Picassos Schaffen in den letzten zwei Jahrzehnten seines Lebens. (so)

Mehr Infos: www.museum-barberini.com

The Police-Drummer mit dem Filmorchester Babelsberg

Konzert am 22. März 2019 im Nikolaisaal

Stewart Copeland, Foto: Friso Keuris

Ein Freund von mir, studierter Schlagzeuger an der Uni Dresden, schrieb vor einigen Jahren seine Diplomarbeit über ihn und spielte seine Songs zur Abschlussprüfung: Stewart Copeland. Er gilt als einer der besten und präzisesten Rockdrummer der Welt. Im März spielt er mit dem Filmorchester Babelsberg im Potsdamer Nikolaisaal.

Ende der 70er Jahre gründete Stewart Copeland zusammen mit Gordon Sumner, alias Sting, und Andy Summers die Band „The Police“. Gemeinsam bedienten sie sich am Reggae- und Ska-Sound Jamaikas, mixten ihn mit britischem Punk und Modern Jazz – und kreierten damit einen neuen, unverwechselbaren Sound, mit dem sie schnell zu einer der erfolgreichsten Bands der Welt aufstiegen. Vor allem der oft reggae-lastige, verspielte Groove von Copeland im Zusammenspiel mit Bassist und Sänger Sting, der Gitarrist Andy Summers allen Raum für musikalische Akzente ließ, wurde zum Markenzeichen der Band. Bestens beispielsweise bei „Walking On The Moon“ oder einem ihrer größten Hits „Roxanne“ zu hören.

Wie so oft sind außergewöhnliche Schlagzeuger gleichzeitig großartige Komponisten. Schon während seiner Zeit bei „The Police“ begann Copeland, Film-Soundtracks, Opern, Ballettstücke und Symphonien zu komponieren und sich ausführlich mit Welt- und Fusionmusik zu beschäftigen. Als Komponist, Solokünstler und in Zusammenarbeit mit anderen Musikern veröffentlichte er diverse Alben und zeichnete sich unter anderem auch für die Originalmusik von über 60 Filmen verantwortlich.

Für ein Best-Of seiner (Film-)Kompositionen kommt Copeland nun am 22. März in den Potsdamer Nikolaisaal. Dort wird der Weltstar fulminant begleitet von dem lokalen Kenner des Fachs: dem Filmorchester Babelsberg unter der Leitung von Troy Miller. Eine Gelegenheit, bei der auch mein Bekannter erstmals auf sein Idol treffen und genau hinschauen wird, wie denn das Original die Sticks über die Felle zappeln lässt. Es darf davon ausgegangen werden, dass Freunde des cineastischen Klassik-Rock-Crossovers an diesem Abend voll auf ihre Kosten kommen. Und sicherlich werden auch The Police-Fans den einen oder anderen Hit wiedererkennen. Für mich somit definitiv ein musikalisches Highlight für das Frühjahr 2019 in Potsdam. (ro)

Karten und Infos: www.nikolaisaal.de

Ein alter Zopf? Mit Fontane durch Brandenburg

Diverse Veranstaltungen anlässlich seines 200. Geburtstages

Seine Frauen hatten alle einen „Knax“ weg. Und er liebte sie dafür: für ihre Schwächen, ihre Verirrungen, für ihre Lust und ihren Ehrgeiz. Immer wieder stießen seine weiblichen Romanfiguren an die Wände männlicher Hierarchien. Dieses Straucheln im Dickicht miefiger Konventionen rührte Fontane an: und seine Leserschaft mit. Obwohl sein 200. Geburtstag erst im kommenden Jahr ansteht, dreht sich schon jetzt das Geburtstagskarussell „Fontane“ in rasanter Geschwindigkeit und pfeift den Lesewind durch die Stuben.

Weg mit dem Staub! Fontane raus.

Auch ich greife zu meinen eingestaubten Fontanes, zu Grete Minde, Effi Briest, Frau Jenny Treibel – und entscheide mich als erstes für eine, die ich schon fast vergessen hatte: für Cécile. Ich wandere mit dieser von Krankheit gezeichneten Schönheit durch den Harz, höre ihrem feinsinnigen Plaudern zu und den sich gegenseitig überbietenden männlichen Möchtegern-Philosophen an ihrer Seite. Die Bode fließt während der schicksalsschweren Begegnungen unbeeindruckt dahin. Natürlich hoffe ich auf ein Gesunden dieser fallengelassenen Frau, auf ein spätes Glück an der Seite ihres heimlichen Geliebten und weiß, dass auch dieser krimimäßig anmutende Roman tragisch enden wird. Ja, Fontane zeigt Abgründe, schürt Spannung. Auch heute noch, selbst wenn die Geschichten manchmal etwas betulich daherkommen, sich die Dialoge gern in bildungsbürgerlicher Überspanntheit sonnen. Fontane – ein alter Zopf? Ich bin ihm gern mal wieder gefolgt: diesem Realismusbeschwörer, der seine Helden genauestens kennt und sie porentief ausleuchtet. Kein Blatt, keine Wolke, kein Weg bleiben unbeschrieben. Pointiert spitzt er zu, schafft Atmosphäre. Und „Der Stechlin“ liegt auch schon auf meinem Nachttisch bereit.

Wer sich über einen kleinen Umweg zum alten Fontane zurückbewegen möchte, dem sei der Autor und versierte Fontanebeleuchter Robert Rauh empfohlen. Der Berliner Historiker und Lehrer griff sich fünf von „Fontanes Frauen“ heraus und beschrieb „Fünf Orte – fünf Schicksale – fünf Geschichten“, wie sie sich heute in ihrer Fontane-Vermarktung präsentieren. Er fragte, wie es um die realen Frauen bestellt war, die für Fontanes Figuren „Modell“ standen und fuhr an die Orte ihrer Geburt. Hin zu Grete Minde nach Tangermünde, wo sie grausam hingerichtet wurde, zur Schaukel der wirklichen Effi und an das Grab von Fontanes Tochter Martha.

Dieses geliebte Kind erzählt auch posthum noch viel über den großen berühmten Dichter-Vater. Frauenversteher Fontane hätte sein Herzenstöchterlein am liebsten gar nicht aus dem Hause ziehen lassen. Eine „zärtliche Verbundenheit“ bestand zwischen den beiden. Die nach Luxus schielende Martha lieferte denn auch die Vorlage für die charmante und intelligente Corinna Schmidt in „Frau Jenny Treibel“, die zielsicher auf eine gute Partie aus war.

Auch Martha hatte „einen Knax weg“, litt früh an gesundheitlichen Problemen. „Ob Nerven, ob Milz, darüber sind sich die Ärzte nicht einig, jedenfalls leidet sie sehr – und wir mit“, schrieb Mutter Emilie an eine Freundin. Da war Martha 25. Doch dann geschah das Unerwartete: Martha fand endlich einen Mann, 22 Jahre älter als sie, sehr angesehenen, wohlhabend. Ihre Krankheit jedoch verschwand nicht. Auch nicht in der „appetitlichen, ziemlich herrschaftlichen Villa“ in Waren. Aber Martha konnte nun standesmäßig Haus halten: als Frau Prof. Fritsch. Fontane erlebte es nicht mehr mit.

Seine Tochter endete indes wie die meisten seiner Romanheldinnen: in einem frühen Tod. Mit 57 Jahren. Sie stürzte aus dem Fenster ihrer Hauses: ob freiwillig oder nicht, bleibt ungewiss. Es ist ein weites Feld für Spekulationen. Das kommende Jahr wird jeden Krumen dieses Feldes durchackern: mit Ausstellungen, Lesungen, neuen Büchern, Inszenierungen. Aber das Beste ist wohl immer noch das Original. Also pusten Sie die Staubschicht weg vom alten Fontane, machen Sie sich selbst Ihr Bild, ob des Dichters Frauen mit ihrem Knacks noch Ihr Herz berühren. (he)

Zum Fontane-Veranstaltungsmarathon: www.fontane-200.de

Ein Kommentar

  1. LiebeKultursegler,
    ich freue mich, nach längerer Abstinenz wieder etwas von euch zu hören. Und dann noch diese tollen Tipps. Gerne werde ich den einen oder anderen beherzigen. Ich wünsche euch einen guten Start ins und viel Glück im neuen Jahr.
    Herzliche Grüße
    Maria Borgmann

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